Omnibus-Paket veröffentlicht: Vereinfachung der ESG-Berichtspflichten
Hintergrund der Omnibus-Initiative
Die Erstanwendung der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und der CSDDD (Directive on Corporate Sustainability Due Diligence) fallen in eine Zeit, in der sich Europa in einem veränderten und komplizierten Umfeld befindet. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Energiepreise für Unternehmen in die Höhe getrieben. Die handelspolitischen Spannungen nehmen zu, da sich die geopolitische Situation weiter verschiebt. Die unterschiedliche Herangehensweise einiger anderer wichtiger Staaten an die Regulierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Sorgfaltspflicht von Unternehmen wirft Fragen nach den Auswirkungen dieser Richtlinien auf die Wettbewerbsposition von europäischen Unternehmen auf.
Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission am 26.2.2025 Vorschläge zur Vereinfachung im Bereich der Nachhaltigkeit vorgestellt. Diese umfassen u.a. Änderungen im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD und Art. 8 der Taxonomie-Verordnung sowie Änderungen der CSDDD.
Bei dem Omnibus-Paket handelt es sich um einen Änderungsvorschlag, der nun an das Europäische Parlament und den Rat zur weiteren Verhandlung übermittelt wird. Es ist derzeit nicht ausgeschlossen, dass es in diesem Prozess nochmals zu Änderungen kommt.
Änderungsvorschläge für CSRD und ESRS
- Der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen soll um rund 80 % reduziert werden: Die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung soll nur für große Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten gelten (das heißt Unternehmen, die mehr als 1.000 Beschäftigte und entweder einen jährlichen Umsatz von mehr als 50 Mio. € oder eine Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. € haben).
- Zeitliche Verschiebung der Berichtspflichten nach dem aktuellen Stand der CSRD: Es wird vorgeschlagen, das Inkrafttreten der Berichtspflichten für Unternehmen, für die bisher 2025 als das erste Berichtsjahr galt, um zwei Jahre zu verschieben (diese sollen jetzt erstmals in 2028 über 2027 berichten, statt wie bisher geplant in 2026 über 2025).
- Überarbeitung der ESRS: Die Europäische Kommission plant, die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) zu überarbeiten, um die Anzahl der Datenpunkte erheblich zu reduzieren, unklare Bestimmungen zu klären und die Kohärenz mit anderen Rechtsvorschriften zu verbessern.
- Begrenzung für Informationen aus der Wertschöpfungskette („value chain cap“): Für Unternehmen, die selbst nicht (mehr) in den Anwenderkreis der CSRD fallen, soll die Europäische Kommission per delegiertem Rechtsakt einen freiwilligen Berichtsstandard erlassen, der auf dem von der EFRAG (European Financial Reproting Advisory Group) entwickelten Standard für KMU (VSME) basiert. Informationen, die Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, von Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette mit bis zu 1.000 Beschäftigten verlangen können, sollen auf diesen Standard begrenzt werden.
- Sektorspezifische Standards sollen vorerst ausgesetzt werden, da sie nicht als vorrangig betrachtet werden.
- Streichung der Prüfungsstandards für hinreichende Sicherheit: Die Vorschläge sehen die Streichung der Ermächtigung der Europäischen Kommission zur Annahme von Standards für hinreichende Prüfungssicherheit vor. Stattdessen soll sich die Kommission verstärkt auf die Entwicklung von Leitlinien zur Prüfung von Nachhaltigkeitsdaten konzentrieren, die bis spätestens 2028 veröffentlicht werden sollen.
- Die doppelte Wesentlichkeitsperspektive bleibt erhalten.
Änderungsvorschläge zur Taxonomie-Verordnung
- Reduzierung des Anwenderkreises: Die EU-Taxonomie soll nur noch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen und einem Umsatzvolumen von mehr als 450 Millionen € verpflichtend anzuwenden sein.
- Unternehmen, die unterhalb dieser Größenkriterien liegen, sollen die Verordnung weiterhin freiwillig anwenden können.
- Vereinfachungen der Taxonomie-Verordnung: Für Unternehmen, die weiterhin in den Anwendungsbereich der EU-Taxonomie fallen oder diese freiwillig anwenden möchten, ist eine Reduktion der zu berichtenden Daten um 70 % angedacht. Weiterhin soll eine Wesentlichkeitsschwelle eingeführt und die „Do no significant harm“-Kriterien sollen vereinfacht werden.
Änderungsvorschlag zur CSDDD
- Die Unternehmen sollen mehr Zeit bekommen, um sich auf die Umsetzung der Richtlinie vorzubereiten, indem die verpflichtende Erstanwendung für die größten Unternehmen um ein Jahr verschoben wird (auf den 26.7.2028). In der Zwischenzeit sollen die erforderlichen Leitlinien der Kommission auf Juli 2026 vorgezogen werden, sodass die Unternehmen mehr auf bewährte Verfahren zurückgreifen können.
- Unternehmen sollen negative Auswirkungen bei indirekten Zulieferern in komplexen Wertschöpfungsketten nur noch prüfen müssen, wenn konkrete Hinweise auf das Vorliegen ebendieser negativen Auswirkungen bestehen.
- Die Sorgfaltspflichten sollen in der Form vereinfacht werden, dass das Prüfintervall von einem auf fünf Jahre verlängert und die Stakeholder-Einbindung reduziert wird. Die Pflicht zur Beendigung von Geschäftsbeziehungen als letztem Mittel soll gestrichen werden.
- Vorgeschlagen wird eine Verringerung des Trickle-down-Effekts durch eine Begrenzung der Informationspflichten gegenüber KMU und „small midcap companies“ (das heißt Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitenden) auf die Inhalte des VSME-Standards, es sei denn, zusätzliche Angaben sind erforderlich.
- Die EU-weit harmonisierten Regelungen zur zivilrechtlichen Haftung sollen abgeschafft werden. Stattdessen soll die Ausgestaltung den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden.
- Weiterhin wird eine Angleichung der Anforderungen an die Annahme von Übergangsplänen für den Klimaschutz an die CSRD vorgeschlagen.
- Eine Umsetzung in nationales Recht soll bis Juli 2027 erfolgen.
In Deutschland ist bereits das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Das Ergebnis der Bundestagswahl könnte Einfluss auf die Zukunft des Gesetzes haben, da sowohl CDU/CSU als auch die SPD in ihren Wahlprogrammen seine Abschaffung angekündigt haben.
Fazit und Ausblick
Die vorgeschlagenen Änderungen sollen den bürokratischen Aufwand für Unternehmen kurzfristig verringern und die Wettbewerbsfähigkeit der EU stärken. Gegenstimmen fürchten eine Verwässerung des Green Deal. Die kommenden Monate werden zeigen, ob es der EU gelingt, eine Balance zwischen wirtschaftlicher Förderung und nachhaltiger Verantwortung zu finden.
Gerne zeigen wir Ihnen auf, was die vorgeschlagenen Änderungen für Ihr Unternehmen bedeuten und mit welchen Strategien und Handlungsoptionen Sie der andauernden Rechtsunsicherheit begegnen können. Sprechen Sie unsere ESG-Expert:innen an. Wir beraten Sie persönlich.