Nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtete Unternehmen
Hintergrund
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet deutsche Unternehmen mit mindestens 3.000 Arbeitnehmer:innen. Ab dem 1.1.2024 wird diese Schwelle auf 1.000 Arbeitnehmer:innen gesenkt. Aber was gilt es zu beachten, wenn das Unternehmen nicht vom LkSG erfasst wird, jedoch in Zulieferbeziehung zu einem verpflichteten Unternehmen steht?
Weitergabe der Pflichten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz an Zulieferunternehmen
Verstärkt werden auch die Zulieferer vertraglich zur Einhaltung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Pflichten durch die verpflichteten Unternehmen angehalten. Häufig sollen sie dies durch Nachträge zu Lieferverträgen – mithilfe allgemeiner Einkaufsbedingungen oder eines verschärften Lieferantenkodex (Code of Conduct) – zusichern. Damit einhergehend sollen Zulieferer den eigenen Lieferanten eine entsprechende Verpflichtung auferlegen. Auch versuchen einige der verpflichteten Unternehmen, erhebliche Teile der Sorgfalts- und Dokumentationspflichten auf die Lieferkette abzuwälzen.
Der Aufwand, der mit der Risikoanalyse, den Präventionsmaßnahmen und konkreten Abhilfemaßnahmen bei Verstößen sowie der Dokumentation verbunden ist, ist nicht zu unterschätzen. Werden hingegen die abgeforderten Maßnahmen nicht oder nur unzureichend erfüllt, werden voraussichtlich Vertragsstrafen, Freistellungserklärungen und ähnliche Pflichten, die in Verträgen, AGB usw. häufig zu finden sind, greifen. Schlimmstenfalls bestehen Sonderkündigungsrechte, sodass die Vertragsbeziehungen bei schwerwiegenden Verstößen durch den Vertragspartner außerordentlich beendet werden können. Dementsprechend ist bei der pauschalen Abgabe abgeforderter vertraglicher Versicherungen Vorsicht geboten. Zu prüfen ist, ob die abgeforderten Zusicherungen im eigenen Betrieb und im Hinblick auf Lieferanten erfüllt werden können. Hierzu bedarf es einer eigenen angemessenen Risikoanalyse, in der nach risikoarmen und stark risikogeneigten Lieferanten, Ländern, Branchen und Produkten zu unterscheiden ist. Anhaltspunkte für mögliche Risikofelder sind zu sammeln und zu dokumentieren. Bei erkannten Verstößen sind Abhilfemaßnahmen zu treffen. Auch Zulieferer sollten mithin Risiken frühzeitig erkennen und proaktiv angehen, denn nur so können sie sich bei der Geschäftsentwicklung mit den verpflichteten Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil sichern.
Mitwirkungspflichten der Zuliefererunternehmen nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Darüber hinaus müssen verpflichtete Unternehmen die Zulieferer, bei denen ein Risiko vermutet wird, in ihre konkrete Risikoanalyse und gegebenenfalls in Präventions- und Abhilfemaßnahmen einbeziehen und diese über die Errichtung ihres Beschwerdeverfahrens informieren. Das bedeutet für den Zulieferer konkret, dass das LkSG eine Zusammenarbeit mit den verpflichteten Unternehmen voraussetzt. Eine Bereitstellung von Informationen sollte allerdings erst dann erfolgen, wenn und soweit das verpflichtete Unternehmen die Informationsabfrage angemessen begründet. Hierfür sollten durch das verpflichtete Unternehmen die maßgeblichen Ergebnisse einer groben Risikoanalyse genannt und begründet werden, sodass für den Zulieferer ersichtlich ist, inwiefern sich die gestellten Fragen bzw. eingeforderten Nachweise auf die festgestellten Risiken beziehen. Bei der Bereitstellung von Informationen sollte auf den Datenschutz und den Schutz von Geschäftsgeheimnissen geachtet werden, gegebenenfalls sind Daten (teilweise) unkenntlich zu machen und Informationen zusammenzufassen. Sollte im weiteren Schritt eine Aufforderung zur Beteiligung an Präventions- oder Abhilfemaßnahmen ergehen, gilt umso mehr, dass sich der Zulieferer konkret aufzeigen lassen sollte, welche Risiken festgestellt wurden. Im Hinblick auf das von dem verpflichteten Unternehmen einzurichtende Beschwerdeverfahren sollte der Zulieferer seine betroffenen Mitarbeiter:innen zudem entsprechend informieren.
Risiken erkennen und somit die Haftung der Geschäftsführung vermeiden
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass viele Unternehmen, die eigentlich nicht dem LkSG unterfallen, mittelbar zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach dem LkSG (mit-)verpflichtet werden, deren Umsetzung eine besondere Bedeutung im Rahmen der Haftungsvermeidung zukommt. Dabei gilt es zu beachten, dass die Geschäftsführung auch bei Delegation der Pflichten letztverantwortlich bleibt, wenn die organisatorischen Grundvoraussetzungen zur Erfüllung der (weitergeleiteten) Pflichten aus dem LkSG nicht gewährleistet sind. Dies verdeutlich nochmals, dass es eines robusten Risikomanagements auch der Zuliefererunternehmen bedarf.
Sprechen Sie uns gerne an, wenn wir bei der Erfüllung Ihrer Pflichten nach dem LkSG behilflich sein können.
Blogserie „Nachhaltigkeit“
- Im ersten Teil unserer Blogserie zum Thema Nachhaltigkeit beschäftigen wir uns mit der erweiterten Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD).
- Mit dem zweiten Teil halten wir Sie über die bis Juni 2022 aktuellen Entwicklungen der CSRD auf dem Laufenden.
- Im dritten Teil geben wir Ihnen einen Überblick über die bisher veröffentlichten Konsultationsentwürfe für EU-Berichtsstandards zur Nachhaltigkeit.
- Der vierte Teil informiert über das Inkrafttreten der CSRD.
- Im fünften Teil stellen wir das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz vor.
- Der sechste Teil beschäftigt sich mit der finalen Verabschiedung der ersten europäischen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die Europäische Kommission.
- Im siebten Teil erklären wir, was durch die EU-Taxonomie-Verordnung auf deutsche Unternehmen zukommt.
- Der achte Teil widmet sich den Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit den ESG-Kriterien.
- Teil neun befasst sich mit den nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern.
- Der zehnte Teil enthält einen Quick Check, was für die Umsetzung der EU-Taxonomie-Verordnung notwendig ist.
- In Teil elf stellen wir Ihnen das EU-Renaturierungsgesetz vor.
- Die Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS 1 ist Inhalt des zwölften Teils.
- In Teil 13 befassen wir uns mit der Ausweitung des Anwendungsbereichs der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Unternehmen der öffentlichen Hand.
- Die Verringerung der Berichtslast durch Übergangsbestimmungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den ESRS ist Thema von Teil 14.
- Teil 15 befasst sich mit der Berichterstattung und Prüfung bei kommunalen Unternehmen.
- Die vorläufige politische Einigung zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) ist Thema von Teil 16.
- In Teil 17 geht es um die Auswirkungen der CSRD auf mittelständische Zulieferer.
- Mit Teil 18 stellen wir Ihnen die im Entwurf veröffentlichten Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU vor.
- Den Referentenentwurf zum Gesetz zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erläutern wir in Teil 19.
- Im Interview geben unsere Expert:innen einen Überblick über den aktuellen Stand der Vorbereitungen von Unternehmen auf den ersten Nachhaltigkeitsbericht (Teil 20).
- In Teil 21 geht es um das europaweit einheitliche elektronische Berichtsformat für Nachhaltigkeitsberichte nach der CSRD.
- Mit Teil 22 beleuchten wir, welche Vorteile ESG-Reporting-Tools bieten.
- Um neue Sorgfaltspflichten durch die EU-Entwaldungsverordnung geht es in Teil 23.
- Der Regierungsentwurf zum Gesetz zur Umsetzung der CSRD ist Gegenstand von Teil 24.