Die Auswirkungen der CSRD auf mittelständische Zulieferer: Mittelbare Betroffenheit am Beispiel eines Automobilzulieferers
CSRD: Mittelständische Zulieferer zunehmend gefordert
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) hat erhebliche Auswirkungen auf große Unternehmen, denen umfangreiche Berichtspflichten im Bereich der Nachhaltigkeit auferlegt wurden. Doch was ist mit den vielen mittelständischen Unternehmen, die nicht direkt in den Anwendungsbereich der CSRD fallen? Insbesondere Zulieferer von berichtspflichtigen Unternehmen stehen vor neuen Herausforderungen, da diese vermehrt nachhaltigkeitsbezogene Informationen von ihren Zulieferern einfordern.
Die mittelbare Betroffenheit
Mittelständische Unternehmen, die als Zulieferer agieren, sind nicht unmittelbar von der CSRD betroffen, wenn sie zwei der drei Größenkriterien (Bilanzsumme > 25 Mio. € | Umsatzerlöse > 50 Mio. € | Mitarbeitende > 250) nicht überschreiten. Dennoch erleben sie zunehmend eine indirekte Betroffenheit, die nicht zu unterschätzen ist. Dies ergibt sich daraus, dass originär berichtspflichtige Unternehmen durch die CSRD verpflichtet werden, Informationen über die Nachhaltigkeit in ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu sammeln und darüber zu berichten.
Die Anforderungen an die Lieferkette
Durch die CSRD werden große Unternehmen verpflichtet, über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (Environmental Social Governance – ESG) zu berichten. Dies schließt nicht nur die eigenen Aktivitäten des Unternehmens ein, sondern erstreckt sich auch auf die gesamte Wertschöpfungskette. So müssen sie beispielsweise die Treibhausgasemissionen in ihrer vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette darlegen oder über die Arbeitsbedingungen von Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette berichten.
Ein berichtspflichtiger Automobilhersteller benötigt daher für die Erstellung seines Nachhaltigkeitsberichts auch Angaben seines (gegebenenfalls nicht berichtspflichtigen) Zulieferers. Dieser Zulieferer muss nun seine eigenen Nachhaltigkeitskennzahlen ermitteln und gegenüber dem Automobilhersteller offenlegen.
Herausforderungen und Chancen für Zulieferer
Für den Zulieferer ergeben sich aus dieser Entwicklung verschiedene Herausforderungen. Er muss zunächst die ökologischen und sozialen Auswirkungen seiner eigenen Produktion und gegebenenfalls seiner Lieferkette erfassen. Diese Daten zu erheben und auszuwerten ist mit erheblichem Aufwand verbunden.
Zudem kann der Hersteller von seinem Zulieferer verlangen, dass die gelieferten Komponenten gewissen Nachhaltigkeitsanforderungen entsprechen. In diesem Fall muss der Zulieferer auch seine eigene Produktion überdenken und sicherstellen, dass seine Lieferkette nachhaltige Praktiken verfolgt. Dies könnte Maßnahmen wie die Verwendung umweltfreundlicher Materialien, die Optimierung von Logistikprozessen und die Förderung fairer Arbeitsbedingungen in der gesamten Lieferkette umfassen.
Trotz der Herausforderungen bietet die verstärkte Nachfrage nach nachhaltig agierenden Zulieferern auch Chancen und Wettbewerbsvorteile. Durch die Umstellung auf umweltfreundlichere Produktionsmethoden und die Sicherstellung sozial verantwortlicher Arbeitsbedingungen in der Wertschöpfungskette können Zulieferer sich als langfristig verlässliche Partner positionieren.
Fazit
Die CSRD zielt zwar nicht unmittelbar auf die kleinen und mittelgroßen Unternehmen ab, aber ihre Auswirkungen sind auch dort deutlich spürbar. Zulieferer stehen vor der Herausforderung, den Anforderungen ihrer Kunden mit Blick auf die Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen nachkommen zu müssen. Gleichzeitig bietet dies die Möglichkeit, durch nachhaltige Praktiken einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Um Überraschungen zu vermeiden, sollten mittelständische Zulieferer ihre großen Kunden proaktiv auf etwaige Anforderungen ansprechen. Zum einen, um diesen Anforderungen zeitig begegnen zu können. Zum anderen, um sich als verantwortungsvoller Partner zu positionieren und die Chancen zu nutzen, die sich aus der steigenden Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten ergeben.
Am 22.1.2024 hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) Entwürfe zu den European Sustainability Reporting Standards für freiwillig berichterstattende KMU (ESRS VSME) veröffentlicht. Diese Standards können u.a. auch mittelbar betroffenen Unternehmen eine geeignete Leitlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sein. Wir berichten hierzu in Kürze.
Blogserie „Nachhaltigkeit“
- Im ersten Teil unserer Blogserie zum Thema Nachhaltigkeit beschäftigen wir uns mit der erweiterten Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD).
- Mit dem zweiten Teil halten wir Sie über die bis Juni 2022 aktuellen Entwicklungen der CSRD auf dem Laufenden.
- Im dritten Teil geben wir Ihnen einen Überblick über die bisher veröffentlichten Konsultationsentwürfe für EU-Berichtsstandards zur Nachhaltigkeit.
- Der vierte Teil informiert über das Inkrafttreten der CSRD.
- Im fünften Teil stellen wir das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz vor.
- Der sechste Teil beschäftigt sich mit der finalen Verabschiedung der ersten europäischen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die Europäische Kommission.
- Im siebten Teil erklären wir, was durch die EU-Taxonomie-Verordnung auf deutsche Unternehmen zukommt.
- Der achte Teil widmet sich den Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit den ESG-Kriterien.
- Teil neun befasst sich mit den nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern.
- Der zehnte Teil enthält einen Quick Check, was für die Umsetzung der EU-Taxonomie-Verordnung notwendig ist.
- In Teil elf stellen wir Ihnen das EU-Renaturierungsgesetz vor.
- Die Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS 1 ist Inhalt des zwölften Teils.
- In Teil 13 befassen wir uns mit der Ausweitung des Anwendungsbereichs der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Unternehmen der öffentlichen Hand.
- Die Verringerung der Berichtslast durch Übergangsbestimmungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den ESRS ist Thema von Teil 14.
- Teil 15 befasst sich mit der Berichterstattung und Prüfung bei kommunalen Unternehmen.
- Die vorläufige politische Einigung zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) ist Thema von Teil 16.
- In Teil 17 geht es um die Auswirkungen der CSRD auf mittelständische Zulieferer.
- Mit Teil 18 stellen wir Ihnen die im Entwurf veröffentlichten Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU vor.
- Den Referentenentwurf zum Gesetz zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erläutern wir in Teil 19.
- Im Interview geben unsere Expert:innen einen Überblick über den aktuellen Stand der Vorbereitungen von Unternehmen auf den ersten Nachhaltigkeitsbericht (Teil 20).
- In Teil 21 geht es um das europaweit einheitliche elektronische Berichtsformat für Nachhaltigkeitsberichte nach der CSRD.
- Mit Teil 22 beleuchten wir, welche Vorteile ESG-Reporting-Tools bieten.
- Um neue Sorgfaltspflichten durch die EU-Entwaldungsverordnung geht es in Teil 23.
- Der Regierungsentwurf zum Gesetz zur Umsetzung der CSRD ist Gegenstand von Teil 24.