Die Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS 1 – der Schlüssel zu einer fokussierten Nachhaltigkeitsberichterstattung

Hintergrund

Der Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS 1 (Set 1 der European Sustainability Reporting Standards) kommt eine zentrale Bedeutung bei der Ermittlung der zu berichtenden Nachhaltigkeitsinformationen zu. Das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit erfordert neben der Bewertung der Wesentlichkeit der Auswirkungen auch eine Bewertung der finanziellen Wesentlichkeit. Grundlage für die Bewertung ist der Dialog mit den betroffenen Stakeholdern. Eine zielgerichtete Durchführung ist die Basis für eine Berichterstattung, die sich auf die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen fokussiert.

Das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit

Mit Verabschiedung der ersten europäischen Berichtsstandards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, dem sogenannten Set 1 der ESRS, bildet nun auch die doppelte Wesentlichkeit die Grundlage für die Angabe von Nachhaltigkeitsinformationen. Die Bewertung der Wesentlichkeit der Auswirkungen und der finanziellen Wesentlichkeit sind dabei eng miteinander verknüpft. Ein Nachhaltigkeitsaspekt ist hinsichtlich der Auswirkungen wesentlich, wenn er sich auf die wesentlichen tatsächlichen oder potenziellen, positiven oder negativen Auswirkungen des Unternehmens auf Menschen oder Umwelt bezieht. Finanziell ist ein Nachhaltigkeitsaspekt wesentlich, wenn durch ihn Risiken oder Chancen entstehen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens haben oder wenn ein solcher Einfluss zu erwarten ist. Sobald ein Nachhaltigkeitsaspekt aus einer der beiden Perspektiven, das heißt entweder aufgrund der Auswirkungen des Unternehmens auf diesen Aspekt oder aufgrund der finanziellen Auswirkungen des Aspekts auf das Unternehmen, als wesentlich bewertet wird, ist er im Nachhaltigkeitsbericht zu adressieren.

Welche Berichtsstandards, Angabepflichten und Datenpunkte unterliegen der Wesentlichkeitsanalyse?

Alle Berichtsstandards, Angabepflichten und Datenpunkte unterliegen der Wesentlichkeitsanalyse des Unternehmens, was deren zentrale Bedeutung noch einmal unterstreicht. Ausnahmen sind die im ESRS 2 festgelegten Angabepflichten und Datenpunkte sowie die Angabepflichten in themenbezogenen Standards zu ESRS 2 IRO-1 (Beschreibung der Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen). 

Falls ein Unternehmen den Nachhaltigkeitsaspekt „Klimawandel“ für sich als nicht wesentlich bewertet, muss es detailliert erläutern, wie es zu dieser Schlussfolgerung gelangt ist. Kommt das Unternehmen zu dem Schluss, dass Datenpunkte, die sich aus den in Anlage B des ESRS 2 aufgeführten EU-Rechtsvorschriften (SFDR, Pillar 3, Benchmark-Verordnung, EU-Klimagesetz) ergeben, nicht wesentlich sind, müssen solche Datenpunkte explizit als „nicht wesentlich“ angegeben und tabellarisch dargestellt werden.

Einbezug der betroffenen Stakeholder

Im Rahmen der Bewertung der nachhaltigkeitsbezogenen Wesentlichkeit ist die Sicht der betroffenen Stakeholder einzubeziehen. Betroffene Stakeholder nach ESRS 1.22 sind

  • Personen oder Gruppen, deren Interessen von den Tätigkeiten des Unternehmens und seinen direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen in seiner gesamten Wertschöpfungskette betroffen sind oder betroffen sein könnten, sei es auf positive oder negative Weise, und
  • Nutzer von Nachhaltigkeitserklärungen, das heißt Adressaten der Finanzberichterstattung (bestehende oder potenzielle Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger, einschließlich Vermögensverwalter, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen) und sonstige Nutzer (u.a. Geschäftspartner, Gewerkschaften, Sozialpartner, Zivilgesellschaft sowie NGOs, Regierungen, Analysten und Wissenschaftler).

Der ESRS 1 hebt die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den betroffenen Stakeholdern für das einzurichtende Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht des Unternehmens (sogenannte Due Diligence) sowie die Bewertung der nachhaltigkeitsbezogenen Wesentlichkeit hervor. Vorgaben, wie und mit welcher Intensität der Einbezug der Stakeholder erfolgen soll, werden allerdings nicht gemacht, sodass Unternehmen einen für sie angemessenen Weg selbst festlegen müssen.

Unsere Handlungsempfehlung

In Vorbereitung auf die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung sollten Unternehmen so früh wie möglich mit der Wesentlichkeitsanalyse beginnen. Dabei sollten die folgenden Kernfragen beantwortet werden:

  • Was sind die heutigen Anforderungen der Stakeholder?
  • Welche internen Stakeholder sollten in den weiteren Prozess des Projekts einbezogen werden?
  • Inwieweit entspricht eine gegebenenfalls bereits durchgeführte Wesentlichkeitsanalyse den Anforderungen nach CSRD/ESRS? Braucht es Anpassungen?
  • Wie können die nicht finanziellen Risiken bewertet werden und wann sind sie wesentlich?

Im Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse sollte folgender Zielzustand erreicht werden:

  • Sicherstellung der Einbindung relevanter interner Stakeholder
  • Ermittlung in Übereinstimmung mit den Anforderungen der CSRD und ESRS
  • Potenzielle Ableitung nicht finanzieller Steuerungs-KPIs (Key-Persormance-Indicators)
  • Robuste Dokumentation und Argumentation in Bezug auf die Wesentlichkeit als Vorbereitung auf zukünftige Prüfungsanforderungen

Fazit

Eine zielgerichtete Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse und damit die Identifikation der für das Unternehmen wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen ist die Basis für die weiteren Schritte im Rahmen der Umsetzung der CSRD. Erst der Blick auf die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte ermöglicht es, den Umfang der künftigen Berichterstattung einzugrenzen, das heißt die zu berichtenden Angabepflichten und Datenpunkte zu bestimmen. Damit ist die Wesentlichkeitsanalyse der Schlüssel für eine effiziente und zielgerichtete Vorbereitung auf dem Weg hin zu einem CSRD-konformen Nachhaltigkeitsbericht. 
Unsere erfahrenen Expert:innen helfen Ihnen gerne dabei, Ihre Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen, die Anforderungen der CSRD und der ESRS umzusetzen, die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren und den Umfang der Nachhaltigkeitsberichterstattung festzulegen.

 

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Thomas Bernhardt

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