Ausweitung des Anwendungsbereichs der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Unternehmen der öffentlichen Hand

Hintergrund

Die neuen Anforderungen aus Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und EU-Taxonomie an die Nachhaltigkeitsberichterstattung betreffen unmittelbar auch öffentliche Unternehmen, die in einer Rechtsform des Privatrechts geführt werden, sofern sie tatsächlich „groß“ im Sinne von § 267 Handelsgesetzbuch (HGB) sind. Daneben wird eine Vielzahl von kleinen und mittleren öffentlichen Unternehmen mittelbar über Verweisungen in Landesgesetzen, Satzungen oder Gesellschaftsverträgen berichtspflichtig.

Wer fällt ab wann unter die mittelbare Berichtspflicht?

Aufgrund von Verweisungen in Landesgesetzen, Satzungen oder Gesellschaftsverträgen müssen kleine und mittlere Unternehmen (KMU), an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, häufig wie große Kapitalgesellschaften bilanzieren und berichten. Unabhängig von der Rechtsform, in der sie geführt werden, sind daher auch viele kleine und mittlere öffentliche Betriebe bereits ab 2025 mittelbar dazu verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Vorschriften der CSRD zu erstellen. Hierunter fallen neben KMU der öffentlichen Hand in der Rechtsform des Privatrechts auch öffentlich-rechtliche Organisationsformen wie Eigenbetriebe, Zweckverbände, Anstalten des öffentlichen Rechts, Verbandskörperschaften oder Stiftungen.

Das Bestehen einer mittelbaren Berichtspflicht hängt maßgeblich davon ab, was genau die jeweiligen Landesgesetze, Satzungen bzw. Gesellschaftsverträge in Hinblick auf die Rechnungslegung und die Aufstellung des Lageberichts fordern. Wird beispielsweise verlangt, dass die Gesellschaft in entsprechender Anwendung der handelsrechtlichen Vorschriften zu bilanzieren hat, nicht aber explizit gemäß denen für große Kapitalgesellschaften, wird keine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung begründet.

Befreiung von der Berichtspflicht durch Einbezug in eine konsolidierte Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Konzernebene möglich?

Die CSRD sieht für große Konzerne eine Verpflichtung zur konsolidierten Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Um Doppelbelastungen zu vermeiden, können in diesem Fall Tochterunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen von der Pflicht zur Aufstellung eines eigenen Nachhaltigkeitsberichts befreit werden. Sofern ein Konzernabschluss nach HGB aufgestellt wird, ist fraglich, ob diese Befreiungsmöglichkeit auch für Unternehmen der öffentlichen Hand Anwendung findet.

Aufgrund des landesrechtlichen Verweises, einen Jahresabschluss und Lagebericht nach HGB wie große Kapitalgesellschaften aufzustellen, können diverse handelsrechtliche Aufstellungserleichterungen und voraussichtlich auch die Befreiung von der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Konzernebene von Unternehmen der öffentlichen Hand nicht in Anspruch genommen werden.

Somit kommt ein Verzicht von Nachhaltigkeitsinformationen im Lagebericht bei den Tochterunternehmen der öffentlichen Hand ohne Änderung etwaiger Landesvorschriften und gesellschaftsvertraglicher Bestimmungen nicht in Betracht. Folglich könnten auch tatsächlich große Kapitalgesellschaften mit Beteiligung der öffentlichen Hand von der Konzernbefreiungsklausel ausgeschlossen werden.

Anwendung der EU-Taxonomie-Verordnung auch bei mittelbarer Verpflichtung?

Die Taxonomie-Verordnung ist eine EU-Verordnung und muss daher nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Sie muss neben Finanzunternehmen insbesondere von den Unternehmen beachtet werden, die in den unmittelbaren Anwendungsbereich der CSRD fallen. Die CSRD ist eine Richtlinie und muss in nationales Recht umgesetzt werden. Dies wird voraussichtlich durch Anpassungen des HGB erfolgen. Werden öffentlich-rechtliche Unternehmen, die nicht groß sind, durch Landesgesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag mittelbar dazu verpflichtet, die Vorgaben des HGB für große Unternehmen zu befolgen, sind sie damit zwar verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Vorgaben der CSRD zu erstellen, in den unmittelbaren Anwendungsbereich der CSRD fallen sie allerdings nicht. Soweit das HGB nicht dahingehend angepasst wird, dass ein klarstellender Verweis auf die Anwendung der Taxonomie-Verordnung aufgenommen wird, müssen KMU der öffentlichen Hand in ihrem Nachhaltigkeitsbericht bei wörtlicher Auslegung des Landesrechts keine Angaben nach der Taxonomie-Verordnung machen.

Es kommt maßgeblich darauf an, ob Landesgesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag lediglich die Anwendung der Vorschriften des HGB für große Unternehmen fordern (voraussichtlich keine Anwendung der EU-Taxonomie) oder ob gefordert wird, dass das Unternehmen wie alle anderen bilanzrechtlich großen Unternehmen Rechnung legen soll (voraussichtlich Anwendung der EU-Taxonomie).
Tatsächlich große Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand fallen hingegen wie alle anderen großen Kapitalgesellschaften in den originären Anwendungsbereich der CSRD und müssen demnach auch die Angaben nach der EU-Taxonomie machen.

Welche Besonderheiten bestehen für Energieversorgungsunternehmen?

Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen (EVU) sind gemäß § 6b Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) dazu verpflichtet, einen Jahresabschluss und einen Lagebericht nach den für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften (nicht aber speziell für große Gesellschaften) aufzustellen und offenzulegen. Dies gilt unabhängig von ihrer Rechtsform und ihren Eigentumsverhältnissen und somit auch für Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Form (z.B. Eigenbetriebe, Anstalten des öffentlichen Rechts, Regiebetriebe, Zweckverbände etc.).

Von der Verpflichtung zur Aufstellung eines Nachhaltigkeitsberichts sind EVU betroffen, wenn sie tatsächlich groß sind oder wenn sie aufgrund anderer rechtsformspezifischer Rechnungslegungsvorschriften wie große Kapitalgesellschaften bilanzieren müssen.

Fazit

Unternehmen und Einrichtungen der öffentlichen Hand sind gut beraten, alsbald zu überprüfen, ob sie unmittelbar oder mittelbar dazu verpflichtet sind, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen und ob sie dabei neben den Anforderungen der CSRD auch die EU-Taxonomie zu beachten haben. Das Jahr 2025 könnte beim Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen bereits das erste Berichtsjahr sein, womit die Zeit zur Umsetzung der Anforderungen denkbar knapp ist.

Von öffentlichen Unternehmen, die Aufgaben der Daseinsvorsorge übernehmen, wird gesellschaftlich besonders gefordert, mit gutem Beispiel voranzugehen und nachhaltig zu handeln. Die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung bietet auch die Chance, sich an ESG-Prinzipien auszurichten und so den Anforderungen verschiedener Stakeholdergruppen gerecht zu werden. Da das Handeln von Energieversorgern sich vielfach direkt auf die Umwelt auswirkt, etwa durch die bei der Erzeugung von Energie und Wärme ausgestoßenen CO2-Emissionen, stehen sie besonders im Fokus der Öffentlichkeit.

Aktuelle Ergänzung: Die Landesregierung NRW beabsichtigt in ihrem Referentenentwurf zum 3. NKFWG, den Verweis auf die Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften für große Kapitalgesellschaften in der Gemeindeordnung zu streichen. In der Folge bestände in NRW für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften, Eigenbetriebe und Kommunalunternehmen künftig keine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.

 

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Thomas Bernhardt

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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