Nachhaltigkeitsberichterstattung im Mittelstand: VSME als Alternative zu den ESRS?

 

Mit der Omnibus-Initiative plant die EU-Kommission, die Berichtspflichten der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) erheblich zu reduzieren. Schätzungsweise nur noch 20 % der ursprünglich verpflichteten Unternehmen werden künftig einen Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD erstellen müssen. Ziel ist eine Entlastung des Mittelstands.

Doch viele Mittelständler haben bereits mit der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten begonnen, Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt und einen Nachhaltigkeitsbeauftragten benannt. Sie wollen auch ohne CSRD aus eigenem Antrieb oder auf Verlangen ihrer Kunden, Lieferanten oder Investoren über Nachhaltigkeit berichten und stehen nun vor der Frage, wie sie ihre Nachhaltigkeitsinformationen strukturiert und effizient bereitstellen können.

VSME als Grundlage für freiwillige Berichterstattung

Der Ende 2024 veröffentlichte VSME (Voluntary Sustainability Reporting Standard for non-listed SMEs) gewinnt in diesem Kontext an Bedeutung. Die EU-Kommission plant, auf dieser Basis einen freiwilligen Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen zu entwickeln, die künftig nicht mehr unter die CSRD fallen. Damit bleibt der VSME voraussichtlich der freiwillige Berichtsstandard für KMU, während für bilanzrechtlich große Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden der noch zu entwickelnde Standard die zentrale Referenz wird.

Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Abschirmwirkung (sog. value chain cap) soll sich durch diesen noch zu entwickelnden Standard entfalten – CSRD-pflichtige Unternehmen sollen dann nur noch die nach diesem Standard geforderten Informationen von ihren Geschäftspartnern einholen dürfen. Ob sich dieser Vorschlag umsetzen lässt, bleibt abzuwarten.

Vereinfachte Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU

Der VSME richtet sich an Unternehmen, die maximal eines der folgenden drei Kriterien überschreiten:

  • 25 Mio. € Bilanzsumme,
  • 50 Mio. € Umsatz,
  • 250 Mitarbeitende.

Entwickelt von der EFRAG, orientiert er sich an den ESRS, verzichtet mit einer vereinfachten Struktur, die an die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen angepasst ist, aber auf Detailanforderungen. Unternehmen können sich somit an einem etablierten Rahmen orientieren, ohne den hohen Aufwand bei Umsetzung der ESRS in Kauf nehmen zu müssen.

Mit rund 60 Seiten ist der VSME deutlich kompakter als die ESRS, die ca. 280 Seiten umfassen. Er besteht aus zwei Modulen, wobei Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitenden für die Erstellung ihres Nachhaltigkeitsberichtes beide Module nutzen sollten:

  • Das Basic Module beinhaltet ca. 25 Angaben zu Umweltbelangen, der eigenen Belegschaft sowie dem Governancethema Korruption und Bestechung.
  • Das Comprehensive Module vertieft und ergänzt die Angaben des Basismoduls um ca. 40 Angaben, z.B. zu Klimarisiken und Menschenrechtsverletzungen.

Ein zentraler Unterschied zwischen ESRS und VSME ist der Verzicht auf eine verpflichtende Wesentlichkeitsanalyse. Unternehmen entscheiden nach dem "if applicable"-Prinzip selbst und informell, welche Themen für sie relevant sind. Dennoch empfiehlt sich zumindest eine vereinfachte Wesentlichkeitsanalyse, um die Relevanz der Nachhaltigkeitsthemen strukturiert zu erfassen. Unternehmen, die bereits eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS 1 durchgeführt haben, können diese Ergebnisse auch für den VSME nutzen.

Während die ESRS eine detaillierte Beschreibung von Nachhaltigkeitsauswirkungen, Chancen und Risiken verlangen, fokussiert sich der VSME stärker auf Kennzahlen. Dies erleichtert den Einstieg in die Berichterstattung und ermöglicht Unternehmen, Prozesse effizienter aufzusetzen. Die aus den Kennzahlen gewonnenen Erkenntnisse können wiederum als Grundlage für strategische Entscheidungen und Transformationsprozesse dienen. Denn nur was messbar ist, lässt sich steuern.

Chance für den Mittelstand

Für Unternehmen, die voraussichtlich aus der Berichtspflicht nach der CSRD herausfallen, ist der VSME ein guter Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Er bietet eine strukturierte, aber vereinfachte Möglichkeit, über die wichtigsten unternehmensbezogenen Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten. Doch der VSME ist nur die erste Stufe: Die EU-Kommission wird einen weiterentwickelten freiwilligen Standard auf Basis des VSME schaffen, der voraussichtlich über dessen Anforderungen hinausgehen wird.

Unternehmen, die sich knapp unterhalb des Anwendungsbereichs der CSRD bewegen, sollten sich nicht ausschließlich auf den VSME fokussieren, sondern bereits jetzt überlegen, welche zusätzlichen Informationen aus den ESRS für sie relevant sein könnten. Ein Mittelweg zwischen VSME und ESRS kann sinnvoll sein, um auf zukünftige Entwicklungen vorbereitet zu sein und kurzfristig nur noch kleinere Anpassungen vornehmen zu müssen. Wer den VSME als Basis nutzt, bleibt flexibel und kann sich schrittweise an die Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung annähern. Für Fragen der Umsetzung stehen Ihnen die Nachhaltigkeitsexperten der dhpg gerne zur Verfügung.

 

Blogserie „Nachhaltigkeit“

Thomas Bernhardt

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Annika Brüning

Steuerberaterin

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