Nachhaltigkeitsberichterstattung: Die EU-Taxonomie-Verordnung in der Praxis

EU-Taxonomie-Verordnung definiert ökologische Nachhaltigkeit

Die EU hat sich mit ihren Mitgliedstaaten verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden und die Ziele des Pariser Klimaabkommens umzusetzen. Ein zentraler Hebel auf diesem Weg ist die Umlenkung von Kapitalströmen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten und zukunftsfähige Geschäftsmodelle. Dafür ist es entscheidend, dass Investoren und Unternehmen in Europa eine einheitliche Vorstellung davon entwickeln, was ökologisch nachhaltig ist und wie diese Maßnahmen den Klimazielen der EU gerecht werden.  

Die EU-Taxonomie-Verordnung bietet hierfür einen klaren Rahmen: Sie definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig gelten, und stellt Kriterien für Umweltverträglichkeit, soziale Mindeststandards sowie verantwortungsvolle Unternehmensführung auf. 

Praktisches Vorgehen am Beispiel eines Automobilherstellers

Die EU-Taxonomie-Verordnung gehört zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie enthält keine eigene Regelung zum Anwenderkreis, sondern knüpft an die Anwendung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) an. Das heißt, alle großen Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaften sind ab 2025 verpflichtet, die EU-Taxonomie-Verordnung anzuwenden.  

Fähigkeitsanalyse

Um zu prüfen, ob eine Wirtschaftsaktivität taxonomierelevant ist, bietet der EU Taxonomy Compass Orientierung. Er listet Tätigkeiten nach Sektoren und Kategorien auf. Für Automobilhersteller könnte beispielsweise die Kategorie „Herstellung von CO₂-armen Verkehrstechnologien“ (CCM3.3) im Sektor „Produzierendes Gewerbe“ relevant sein. 

Ein hilfreicher Anhaltspunkt sind die NACE-Codes, die Wirtschaftszweige standardisiert klassifizieren. So passt zum Automobilhersteller beispielsweise der NACE-Code 29.10.1, der die „Herstellung von Personenkraftwagen und deren Motoren“ umfasst. NACE-Codes sind allerdings nicht das alleinige Kriterium – auch Aktivitäten ohne spezifischen Code können taxonomiefähig sein, sofern sie den Tätigkeitsbeschreibungen entsprechen.  

In der Praxis kann es sehr herausfordernd sein, Tätigkeitsbeschreibungen genau einzuordnen. Oft sind Recherchen und Analogien erforderlich. Hilfreich ist es, dass die richtigen Abteilungen in den Analyseprozess eingebunden werden, um alle relevanten Informationen zu erfassen: Dazu gehören Produktion, Facility-Management, Einkauf und Vertrieb.  

Der letzte Schritt bei der Taxonomiefähigkeitsanalyse ist die Berechnung der relevanten Kennzahlen. Für die identifizierte Tätigkeit – beispielsweise die Herstellung von CO₂-armen Fahrzeugen – wird der Umsatz ermittelt und sowohl als absolute Zahl als auch als prozentualer Anteil am Gesamtumsatz in den Meldebogen eingetragen. Ebenso werden Investitionen und betriebliche Aufwendungen, die dieser Tätigkeit zuzuordnen sind, erfasst und in Relation zu den jeweiligen Gesamtsummen gesetzt. 

In der Praxis wird dazu auf vorhandene Zahlen aus der Finanzbuchhaltung und der internen Kostenrechnung zurückgegriffen. Dies kann jedoch schwierig sein, wenn Umsatzzahlen für bestimmte Produkte nicht direkt vorliegen und erst über Zwischenschritte, z.B. aus Vertriebsstatistiken, erhoben werden müssen.  

Konformitätsanalyse

In der Konformitätsanalyse geht es darum zu überprüfen, ob die im ersten Schritt identifizierten wirtschaftlichen Aktivitäten nachhaltig im Sinne der EU-Taxonomie durchgeführt werden. Die EU-Taxonomie hat dazu klare technische Kriterien für jedes Umweltziel festgelegt. Eine Tätigkeit gilt als konform, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu einem Umweltziel leistet und die anderen fünf Umweltziele nicht wesentlich beeinträchtigt. Hier kommen die sogenannten Do No Significant Harm (DNSH)-Kriterien zum Tragen.  

Automobilhersteller könnten z.B. die Vorgabe erfüllen, Fahrzeuge mit einem CO₂-Ausstoß von weniger als 50 g/km bis Ende 2025 zu produzieren, was einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz darstellt. Fraglich ist, ob diese Tätigkeit die anderen Umweltziele wie die Anpassung an den Klimawandel oder die nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen beeinträchtigt. 

Darüber hinaus ist auch die Einhaltung von Mindestschutzkriterien zu überprüfen und nachzuweisen. Die EU-Taxonomie-Verordnung nennt als Maßstab internationale Standards wie die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie die zehn Prinzipien des UN Global Compact.  

Am Beispiel des Automobilherstellers müssen in der Konformitätsanalyse relevante Kennzahlen wie Umsatz, Investitionen und betriebliche Aufwendungen den entsprechenden Tätigkeiten, wie der Herstellung von CO₂-armen Fahrzeugen, zugeordnet und in Relation zur Gesamtgröße gesetzt werden. In der Praxis gestaltet sich dies jedoch oft schwierig, da die technischen Kriterien, wie die CO₂-Emissionsgrenzen oder die nachhaltigen Produktionsprozesse, häufig noch nicht systematisch erfasst sind. 

Die Zuordnung erfordert daher einen tiefen Eingriff in die Unternehmensdaten, beispielsweise bei Materialstammdaten oder Produktionsdaten. Solche Herausforderungen erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen, wie der Finanz-, Produktions- und Nachhaltigkeitsabteilung, sowie eine präzise und gründliche Datenanalyse

Fazit

Die Berichterstattung nach der EU-Taxonomie ist komplex und erfordert eine gründliche Vorbereitung. Unternehmen, die ab 2025 berichtspflichtig sind, sollten daher frühzeitig mit der Erfassung und Aufbereitung der notwendigen Daten beginnen, um die Anforderungen strukturiert und effizient umsetzen zu können. 

Dies erfordert in der Regel ein spezialisiertes Expertenteam sowie eine enge Zusammenarbeit und Koordination zwischen den verschiedenen Abteilungen. 

Wir stehen Ihnen gerne mit unserem Fachwissen zur Seite, um Ihre Fragen zur EU-Taxonomie zu beantworten und Sie bei der Umsetzung der regulatorischen Anforderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu unterstützen. Sprechen Sie uns an! 

 

Blogserie „Nachhaltigkeit“

Thomas Bernhardt

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Corinna Kaufhold

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Jasper Hölzchen

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