Nachhaltigkeitsbericht ja oder nein? Was für öffentliche Unternehmen jetzt gilt

 

Bislang gingen viele Unternehmen der öffentlichen Hand von einer Berichtspflicht nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) aus. Mit der sogenannten Omnibus-Initiative der EU-Kommission zeichnet sich nun eine signifikante Änderung ab – verbunden mit einer zweijährigen Verschiebung und einer erheblichen Einschränkung des Anwendungsbereichs.

Ausgangslage: Berichtspflicht aufgrund von Größe, Satzungen oder Landesrecht

Zahlreiche Unternehmen der öffentlichen Hand bereiten sich derzeit darauf vor, über das Jahr 2025 erstmalig einen Nachhaltigkeitsbericht nach den Vorschriften der CSRD und ESRS aufzustellen.

Bisher unterliegen alle Kapitalgesellschaften oder ihnen gleichgestellte haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften der CSRD, wenn sie „groß“ im Sinne des § 267 Handelsgesetzbuchs (HGB) sind. Über Verweisungen in Landesgesetzen, Satzungen oder Gesellschaftsverträgen unterlagen bisher auch kleine und mittlere Unternehmen der öffentlichen Hand mittelbar der Berichtsplicht, da sie oftmals verpflichtet werden, wie große Kapitalgesellschaften zu bilanzieren und zu berichten. Die Umsetzung der CSRD in nationales Recht ist in Deutschland allerdings noch ausstehend.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hatte im September 2024 in einem ausführlichen Schreiben an das Bundesministerium der Justiz (BMJ) und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) darauf hingewiesen, dass KMU in öffentlicher Hand gegenüber KMU der Privatwirtschaft benachteiligt werden und um eine Klarstellung gebeten, ob dies im Sinne des Gesetzgebers sei. Zudem wurden spezifische Auslegungsfragen erörtert. 

Bisherige „Gegenmaßnahmen“: Anpassung des Landesrechtes

Um eine mittelbare Anwendung der CSRD auf KMU in öffentlicher Hand zu vermeiden, haben einzelne Bundesländer bereits kommunalrechtliche Anpassungen angestoßen. Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern orientieren sich dabei am Ansatz des Bundes, indem sie die strengeren Vorgaben der handelsrechtlichen Rechnungslegung für große Kapitalgesellschaften beibehalten, die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung jedoch gezielt ausklammern. Nordrhein-Westfalen geht mit dem dritten NKF-Weiterentwicklungsgesetz (3. NKF-WG) noch einen Schritt weiter: Dort können kleine kommunale Unternehmen vollständig auf die Erstellung eines Lageberichts verzichten, während mittelgroße Gesellschaften zwar einen Lagebericht erstellen müssen, dieser jedoch keinen Nachhaltigkeitsbericht enthalten muss.

Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission: Verschiebung und Einschränkung der Berichtspflicht

Mit dem Omnibus-Vorschlag der Europäischen Kommission vom 26.2.2025 zeichnen sich nun weitreichende Änderungen der CSRD ab. Demnach wird die Anwendung der CSRD für alle Unternehmen, für die bisher 2025 als das erste Berichtsjahr galt, um zwei Jahre verschoben, d.h. diese Unternehmen müssen erst über 2027 berichten. Der entsprechende Rechtsakt mit dem Spitznamen „Stop-the-Clock“ wurde am 14.4.2025 bereits verabschiedet

Darüber hinaus ist vorgesehen, die Berichtspflicht auf große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden zu beschränken. Für zahlreiche Unternehmen der öffentlichen Hand mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden könnte dies bedeuten, dass sie von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung befreit werden. Für diese Unternehmen soll die Europäische Kommission per delegiertem Rechtsakt einen freiwilligen Berichtsstandard erlassen, der auf dem von der EFRAG entwickelten Standard für KMU (Voluntary standard for non-listed micro-, small- and medium-sized undertakings - VSME) basiert.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem Omnibus-Paket um einen Änderungsvorschlag handelt, der nun im Europäischen Parlament und dem Rat diskutiert und überarbeitet wird. Es ist derzeit nicht ausgeschlossen, dass es in diesem Prozess zu weiteren Änderungen kommt.

Weitere Details zum Omnibus-Vorschlag finden Sie in unserem Blogbeitrag vom 27.02.2025.

Fazit: Berichtspflicht frühestens für 2027, freiwillige Berichterstattung nach VSME

Für zahlreiche Unternehmen in öffentlicher Hand ergibt sich durch die aktuellen Entwicklungen eine veränderte Ausgangslage: Die Anwendung der CSRD wurde bereits um zwei Jahre verschoben. Darüber hinaus sieht der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission vor, die Berichtspflicht künftig an eine Mindestanzahl von 1.000 Beschäftigten zu knüpfen. Diese Schwelle ist bislang jedoch nicht endgültig verabschiedet und könnte sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch ändern.

Ungeachtet der verschobenen Erstanwendung empfiehlt es sich, die Entwicklungen auf europäischer Ebene eng zu verfolgen und die internen Vorbereitungen nicht vollständig auszusetzen. Auch ohne formale Berichtspflicht steigen die Anforderungen an Transparenz und Nachhaltigkeitskommunikation – sowohl durch Stakeholder als auch durch regulatorische Vorwegnahmen in einzelnen Bundesländern. Eine sinnvolle Alternative zur umfangreichen Berichterstattung nach den ESRS kann die freiwillige Berichterstattung nach dem VSME sein.

 

Blogserie „Nachhaltigkeit“

Thomas Bernhardt

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Annika Brüning

Steuerberaterin

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