Testament: Vorsicht bei nachträglichen Änderungen
Wer hat das Testament geändert?
Häufig wird der „letzte Wille“ zuhause in der Schublade aufbewahrt und nicht in amtliche Verwahrung gegeben. Das schafft im Erbfall nicht selten Raum für Mutmaßungen, insbesondere, wenn niemand von dem Aufbewahrungsort weiß oder das Testament handschriftliche Änderungen aufweist. Es stellt sich dann die Frage, ob der ursprüngliche Text durch die Veränderungen wirksam widerrufen wurde. Mit solch nachträglichen Änderungen musste sich kürzlich das Münchener Oberlandesgericht (OLG) befassen. Es bejahte die Wirksamkeit und entschied, dass sie als vom Erblasser stammend anzusehen sind, wenn ein Zugriff Dritter ausgeschlossen ist. Das gilt sogar dann, wenn das Testament über alle Seiten Durchstreichungen aufweist, die den gesamten Text umfassen.
Gesamter Text des Testaments durchgestrichen
Im Jahr 2020 verstarb eine geschiedene kinderlose Frau in ihrer Allgäuer Wohnung. Ihr Lebensgefährte entdeckte in einem Stapel alter Zeitungen, Zeitschriften, Kontoauszügen und Katalogen ein handschriftliches Testament aus dem gleichen Jahr, in dem er als alleiniger Erbe eingesetzt war. Die beiden Brüder der Erblasserin, die nach der gesetzlichen Erbfolge das Vermögen geerbt hätten, gingen leer aus. Das Testament wies auf sämtlichen Seiten mehrere, den gesamten Text umfassende Durchstreichungen auf. Nachdem der Lebensgefährte erfreut über die vermeintliche Erbschaft einen Erbschein beantragt hatte und das Nachlassgericht nichts dagegen hatte, zogen die Brüder der Erblasserin vors Oberlandesgericht und behaupteten, sie selbst seien die rechtmäßigen Erben. Zu klären sei nämlich, ob die handschriftlichen Änderungen im Testament von der Erblasserin vorgenommen wurden und wenn ja, ob dadurch deren letzter Wille widerrufen werden sollte.
Klarer Fall für das Gericht
Die Richter gaben im Ergebnis den Brüdern Recht und sahen sie als Erben an. Die Beweislast für die Wirksamkeit des Testaments, so die Richter, trägt derjenige, der Rechte daraus herleiten will, hier also der Lebensgefährte. Nach Ansicht des Gerichts bestand allerdings kein Zweifel daran, dass die Erblasserin das Testament persönlich vor ihrem Tod formwirksam errichtet und auch selbst wieder durch diverse umfangreiche Durchstreichungen zum Nachteil ihres Lebensgefährten geändert hatte. Es war davon auszugehen, dass sich das Testament bis zum Tode der Erblasserin in deren alleinigem Besitz befunden hatte. Sie habe in der letzten Phase ihres Lebens nur wenig soziale Kontakte gehabt und ständig auf der Couch ihres Wohnzimmers gelegen. Von ihren Brüdern, die ein wirtschaftliches Interesse an dem Widerruf der letztwilligen Verfügung hätten haben können, sei die Erblasserin seit Jahren nicht besucht worden, so die Richter, sodass diese als Urheber der Streichungen im Testament bei realistischer Einschätzung nicht in Betracht kamen.
Fazit: Aufpassen bei der Testamentserrichtung und Änderung
Die Entscheidung zeigt, welche Risiken mit der Erstellung des eigenen Testaments und dessen Widerruf verbunden sein können und wie wichtig es ist, sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen. Generell sollte überlegt werden, den „letzten Wilen“ in amtliche Verwahrung zu geben. Der Widerruf erfolgt dann durch einfache Rücknahme der Urkunde aus der Verwahrung. Wer das nicht möchte, muss unbedingt darauf achten, sein Testament an einem Ort aufzubewahren, an dem es auch gefunden wird. Die unsortierte Schreibtischschublade oder der Zeitungskorb ist dazu jedenfalls gänzlich ungeeignet.
Oberlandesgericht München, Beschluss vom 13.10.2023, 33 Wx 7323e