Teilentgeltlicher Erwerb eigener GmbH-Anteile als Schenkung an übrige Gesellschafter

 

Werterhöhungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte Person durch die Leistung einer anderen Person erfährt, erfüllen nach § 7 Abs. 8 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) den Tatbestand der Schenkung unter Lebenden. Dass es dabei nicht auf das Vorliegen einer Freigebigkeit ankommt, hat der Bundesfinanzhof jüngst mit seiner am 12.9.2024 veröffentlichten Entscheidung verdeutlicht.

Der Fall

Am Kapital der T-GmbH war zu 90 % die H-KG und zu 10 % die spätere Erblasserin D beteiligt. Anteilseigner und Kommanditisten der H-KG wiederum waren der Kläger K und seine beiden Brüder A und B. 

Mit dem Tod der D ging der 10 %-Anteil an der T-GmbH auf deren Erben über. Erben der D waren zu je einem Zehntel der Kläger K, dessen Brüder A und B sowie die nicht an der H-KG beteiligten drei Kinder des K und insgesamt vier Kinder der Brüder.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10.10.2013 veräußerten die Miterben den durch Erbanfall erworbenen 10 %-Anteil an der T-GmbH gemeinschaftlich zu einem Kaufpreis von 300.000 € an die T-GmbH, wodurch dieser zu einem eigenen Anteil wurde. Der mit Bescheid vom 27.4.2017 vom Finanzamt gesondert festgestellte gemeine Wert des 10 %-Anteils auf den Veräußerungszeitpunkt hingegen betrug 1,8 Mio. €. In Höhe des Differenzbetrags zwischen festgestelltem gemeinem Wert und tatsächlich von der T-GmbH gezahltem Kaufpreis in Höhe von insgesamt 1,5 Mio. € beurteilte das Finanzamt den Vorgang gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG als Schenkung der nicht an der H-KG beteiligten Miterben zugunsten der Kommanditisten und setzte gegenüber K, A und B Schenkungssteuer fest. Das Finanzamt begründete seine Rechtsauffassung damit, dass auf Grund der verbilligten Übertragung des Anteils an die T-GmbH eine Werterhöhung in den Anteilen an der T-GmbH eingetreten sei, von der die übrigen, mittelbar über die H-KG beteiligten Gesellschafter, K, A und B, profitierten.

Entscheidung des Gerichts

Der Bundesfinanzhof bejaht eine Schenkung auf Grund einer Anteilswerterhöhung nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG und hob das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts auf. Die Richter stellten klar, dass neben offenen und verdeckten Einlagen in eine Kapitalgesellschaft auch eine Anteilsabtretung den Leistungsbegriff des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG erfüllen kann. Die gelte auch dann, wenn eigene Anteile von der Kapitalgesellschaft erworben werden und es dadurch zu einer Werterhöhung in den Anteilen bei den Anteilseignern kommt. 

Da § 7 Abs. 8 ErbStG lediglich eine Schenkung fingiere, ist nach Ansicht des Gerichts – abweichend zum Grundtatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbStG – eine Freigebigkeit der Leistung nicht notwendige Voraussetzung. Entscheidend sei allein, ob durch die Leistung eine Werterhöhung der Geschäftsanteile eingetreten ist. Der Wert der Bereicherung des unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafters sei nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu ermitteln und richte sich ausschließlich nach der Höhe der (teil-)unentgeltlich bewirkten Leistung.

Konkretisierung des steuerlichen Schenkungsbegriffs

Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass der steuerliche Schenkungsbegriff weit über den des Zivilrechts hinausgeht. Im Bereich des § 7 Abs. 8 ErbStG kommt es insbesondere nicht auf das Vorliegen des Merkmals der Freigebigkeit an.

Der Bundesfinanzhof positioniert sich damit auch gegen das nur einen Monat später ergangene Urteil des Finanzgerichts Münster vom 23.5.2024: In einem ähnlich gelagerten Fall hatte das Finanzgericht eine Schenkung nach § 7 Abs. 8 ErbStG verneint, weil es an dem subjektiven Merkmal des Willens zur Unentgeltlichkeit fehle. Hintergrund dessen war der Umstand, dass der Preis, zu dem die Gesellschaft eigene Anteile erwerben konnte – unabhängig vom gemeinen Wert – im Vorhinein gesellschaftsvertraglich fixiert war. 

Da die Finanzverwaltung auch gegen diese Entscheidung Revision eingelegt hat, ist vor dem Hintergrund der nun ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch im Falle des Finanzgerichts Münster mit einer Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu rechnen.

Fazit

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist von erheblicher praktischer Relevanz, wenn es um den Erwerb eigener Anteile durch die Kapitalgesellschaft geht. Es wird klargestellt, dass § 7 Abs. 8 ErbStG – ohne dass es einer Freigebigkeit bedarf – jegliche Art von Werterhöhungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften erfasst und nicht lediglich auf offene oder verdeckte Einlagen Dritter als ursprünglicher Auslöser für die Einführung der Vorschrift beschränkt ist.

Der Erwerb eigener Anteile sollte daher vorab stets auf schenkungssteuerliche Implikationen geprüft werden, sofern ein solcher nicht zum gemeinen Wert erfolgt. Dies gilt umso mehr, zumal Werterhöhungen im Sinne von § 7 Abs. 8 ErbStG nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht von den Begünstigungen für Betriebsvermögen nach §§ 13a und 13b ErbStG erfasst sind.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.4.2024, II R 22/21 
Finanzgericht Münster, Urteil vom 23.5.2024, 3 K 2585/21 Erb  

Stefan Hamacher, LL.M.

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