Die Betriebsaufspaltung in Erb- und Schenkungsfällen – Steuerfalle oder echtes Sparmodell?
Wird ein Unternehmen in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen aufgespaltet, spricht man zivil- und steuerrechtlich von einer “Betriebsaufspaltung”. Lange Zeit war sie ein beliebtes Modell, um den laufenden Betrieb von beispielsweise der betrieblich genutzten Immobilie zu trennen. Dieses Modell birgt Risiken aber auch Chancen, gerade im Bereich der Unternehmensnachfolge. Die möglichen Folgen sollte man kennen, wenn eine Betriebsaufspaltung bereits historisch entstanden ist, aber auch wenn eine Betriebsaufspaltung bewusst für die Zukunft gestaltet werden soll.
Grundfall der klassischen Betriebsaufspaltung
Eine sogenannte klassische Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein Unternehmen (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) überlässt (sachliche Verflechtung) und eine oder mehrere Personen sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen ((personelle Verflechtung) H 15.7 (4) Einkommensteuerrichtlinien.) In diesem Fall wird von einer Beherrschungsidentität in beiden Gesellschaften gesprochen.
Ein Grundfall:
Unternehmer A ist Eigentümer der an die A GmbH vermieteten Immobilie. A ist Alleingesellschafter der GmbH. Es liegt eine klassische Betriebsaufspaltung vor, die dazu führt, dass beide Unternehmen ertragsteuerlich als eine Einheit bzw. ein “steuerliches Unternehmen” betrachtet werden.
Es sind auch Konstellationen unter Eheleuten, innerhalb von Familien oder auch zwischen Dritten möglich. Hier spielt die Prüfung der Beherrschungsidentität in beiden Unternehmen die größte Rolle.
Steuerliche Folgewirkungen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer
Bei der Übertragung von Betriebsvermögen auf die nächste Generation sieht der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen eine 85-prozentige und auf Antrag sogar 100-prozentige Freistellung von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer vor.
Dabei ist in einem ersten Schritt das begünstigungsfähige Betriebsvermögen, in einem weiteren Schritt das begünstigte Betriebsvermögen zu ermitteln.
Begünstigungsfähig ist nach § 13b Absatz 1 Erbschaftsteuergesetz dem Grunde nach
- inländisches Betriebsvermögen der Land- und Forstwirtschaft,
- inländisches gewerbliches Betriebsvermögen,
- inländisches freiberufliches Betriebsvermögen,
- Anteile an Kapitalgesellschaften bei einer Beteiligung von mehr als 25%.
Zum nicht-begünstigungsfähigen Vermögen zählt Verwaltungsvermögen, das nicht unmittelbar der originären Betriebstätigkeit dient. Das führt dazu, dass Teile des Betriebsvermögens von erheblichem steuerlichem Wert herausgerechnet werden müssen. Für diese Teile entfällt die Erbschaftsteuerbefreiung.
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke gehören nach dem Wortlaut des Erbschaftsteuergesetzes grundsätzlich zum schädlichen und damit zum nicht-begünstigten Verwaltungsvermögen. Davon ausgenommen sind Grundstücke, die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an die Betriebsgesellschaft überlassen werden. Trotz Zugehörigkeit zum Verwaltungsvermögen greift hier die Rückausnahme des Erbschaftsteuergesetzes und lässt zu, dass im Falle einer Übertragung auf die nächste Generation die vorgenannten Erbschaftsteuerbefreiungen in Anspruch genommen werden können. Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer stellt die Betriebsaufspaltung eine Möglichkeit dar, für die Übertragung von Immobilien die umfangreichen Begünstigungen für Betriebsvermögensübertragungen zu erhalten. Schädliches Verwaltungsvermögen kann so in unschädliches Verwaltungsvermögen “umqualifiziert” werden.
Problemfelder in der Unternehmensnachfolge
Probleme ergeben sich in der Unternehmensnachfolge dann, wenn die ausscheidenden, bisher betriebsinhabenden Senioren aus dem laufenden Geschäftsbetrieb ausscheiden wollen, gleichzeitig die Immobilie als Alterssicherung zurückbehalten wollen. Dies führt regelmäßig zur automatischen Entnahme der zurückbehaltenen Immobilie aus dem eingangs beschriebenen, “steuerlichen Unternehmenskreis” der Betriebsaufspaltung und folglich zur steuerpflichtigen Aufdeckung stiller Reserven. Die entstehende Ertragssteuer ist in nicht wenigen Fällen dann höher als der gesamte zukünftig noch zu erzielende Ertrag der Senioren.
Ein weiteres Problem entsteht dazu parallel aus der gleichen Konstellation. Wird nicht das gesamte Betriebsvermögen (Besitz- und Betriebsgesellschaft) übertragen, entfällt die mögliche Begünstigung von 85 % bzw. 100 % in vollem Umfang. Der Zurückbehalt von Vermögen aus dem Besitzunternehmen kann also zusätzlich bei der Erbschaft- oder Schenkungsteuer teuer werden.
Diese Fälle sollten im Vorfeld einer Übertragung auf die nächste Generation genau geprüft werden ebenso wie bereits getroffene testamentarische oder gesellschaftsvertragliche Regelungen für den Erbfall. Damit nicht die Anteile am Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen auf unterschiedliche Personen übergehen.
Die Umstrukturierung – ein Lösungsgedanke
Ein Lösungsansatz kann erfahrungsgemäß eine Umstrukturierung sein. Dabei kann je nach Gestaltung zumindest die Aufdeckung der stillen Reserven vermieden werden. Die Form des Umstrukturierungsvorgangs hängt dabei von der Ausgangsstruktur der Gesellschaften und den Zielen der Gesellschafter und deren Nachfolger ab und muss individuell betrachtet werden.
Denkbar wäre in unserem Beispielsfall eine ertragsneutrale Einbringung der Immobilie in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft (GmbH & Co. KG). Die Immobilie wird weiter an das Betriebsunternehmen (A-Betriebs-GmbH) vermietet. Dadurch wird die Entnahme der Immobilie in das Privatvermögen umgangen und die Aufdeckung der stillen Reserven vermieden. Um gleichzeitig die Entnahme der Anteile an der Betriebs-GmbH zu vermeiden, muss der Altgesellschafter weiterhin zumindest in geringem Maße an der GmbH & Co. KG beteiligt bleiben. Die finanzielle Versorgung des Altgesellschafters erfolgt aus der GmbH & Co. KG.
Die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Gesetzgebers für Übertragungen von Betriebsvermögen entfällt in dieser Variante trotz allem. Es sollte daher im jeweiligen Fall abgewogen werden, ob der zukünftige Ertrag des Altgesellschafters aus der Immobilie größer ist als die zu erwartende Steuerbelastung durch den Wegfall der Begünstigung für den Nachfolger. Hier sind andere Versorgungsmöglichkeiten des Altgesellschafters denkbar und steuerlich optimaler zu gestalten.
Neue Urteile mit Auswirkung auf Nachfolgeszenarien
Im Laufe des Jahres 2021 sind mehrere Urteile zur Betriebsaufspaltung im Zusammenhang mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer ergangen.
- Begünstigung von Grundstücken im Betriebsvermögen bei Nutzungsüberlassung an Dritte, BFH Urteil vom 23.2.2021, II R 26/18 (Beherrschungsidentität) sowie BFH Urteil vom 2.12.2020 II R 22/18 veröffentlicht am 27.5.2021
- Betriebsaufspaltung und minderjährige Kinder, BFH Urteil vom 14.4.2021, X R 5/19
- Beherrschungsidentität bei treuhänderischer Bindung der mehrheitlich an einer Besitzgesellschaft beteiligten Kommanditisten, BFH Urteil vom 20.5.2021, IV R 31/19
- Beherrschungsidentität bei mittelbarer Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitz-Personengesellschaft, BFH Urteil vom 16.9.2021, IV R 7/18
Sämtliche Urteile befassen sich mit der Beherrschungsidentität (personelle Verflechtung) in verschiedenen Konstellationen.
Als eine der Grundvoraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung ist die Beherrschungsidentität (personelle Verflechtung) immer explizit zu prüfen und hat entsprechende Auswirkungen für Erb- und Schenkungsfälle.