Wegfall der Erbschaftsteuerbefreiung bei Übertragung des Familienheims gegen Nießbrauch
Kernaussage
Verstirbt der Ehepartner oder Lebenspartner, kann die bislang gemeinsam genutzte Wohnimmobilie gänzlich steuerfrei an den Partner vererbt werden und zwar auch dann, wenn der persönliche Steuerfreibetrag in EUR 500.000,00 für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner bereits durch anderes Vermögen wie Bargeld oder Aktien ausgeschöpft wurde. Voraussetzung für die Steuerfreistellung ist, dass der Erbe die Immobilie über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Tut er das nicht, entfällt die Erbschaftsteuerfreistellung für die Immobilie rückwirkend. In einem jüngst veröffentlichten Urteil hat der BFH nun eingehend dargelegt, was er unter der gesetzlichen Formulierung „Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken“ versteht.
Sachverhalt
Die Klägerin hat in 2013 ihren verstorbenen Ehemann als Alleinerbin beerbt. Zum Nachlass gehörte u.a der hälftige Anteil an einem Einfamilienhaus, das bis zum Tod des Erblassers von den Eheleuten und sodann allein von der Klägerin zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Das Finanzamt stellte den Erwerb der Immobilie steuerfrei. In 2014 übertrug die Klägerin die Immobilie im Wege der Schenkung auf ihre Tochter unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts, aufgrund dessen sie das Haus weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Finanzamt und Finanzgericht kamen zu dem Ergebnis, dass mit Schenkung der Immobilie an die Tochter innerhalb der Frist von 10 Jahren die zunächst gewährte Steuerbefreiung für den Erwerb des Miteigentumsanteils vom Erblasser rückwirkend aufzuheben war.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigt den rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Steuerbefreiung den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern. Folglich steht die Steuerbefreiung auch nur demjenigen zu, der Eigentümer des Familienheims ist und die Immobilie auch zu eigenen Wohnzwecken nutzt. So zumindest interpretieren die obersten Richter die entsprechende gesetzliche Formulierung „Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken“. Hätte der Gesetzgeber allein nur auf die Eigennutzung des Familienheims abstellen wollen, wäre eine -kürzere- Formulierung „Selbstnutzung zu Wohnzwecken“ oder „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ ausreichend gewesen. Dass der Gesetzgeber stattdessen die Formulierung mit der Dopplung „Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken“ gewählt hat, spricht nach Ansicht der Richter dafür, dass die Steuerfreistellung sowohl die Eigennutzung als auch die Eigentümerstellung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners während des Zehnjahreszeitraums voraussetzt.
Konsequenz
Die Finanzverwaltung wird es freuen, bestätigt das Urteil doch ihre seit jeher vertretene Auffassung, dass eine Weiterübertragung des Familienheims unter Nutzungsvorbehalt innerhalb des Zehnjahreszeitraumes steuerschädlich ist. Positiv für den Steuerpflichtigen dürfte allenfalls der Umstand sein, dass er nun weiß, woran er ist und Übertragungen des Familienheims innerhalb des Familienverbunds möglicherweise bereits im Vorfeld (vor Eintritt des Erbfalls) so plant und gestaltet, dass er später nicht in die Steuerfalle tappt.