Erbrecht: Vorsicht bei „schwammigen“ Formulierungen zur Erbeinsetzung!
Wenn schon Bedingung bei Erbeinsetzung – dann auch klar formuliert
Die Einsetzung eines Erben unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung ist grundsätzlich zulässig, sofern die Bedingung klar formuliert ist, nicht gegen das Gesetz verstößt und der gewünschte Erbe genau identifiziert werden kann. Mit einer solchen bedingten Erbeinsetzung hatte sich aktuell das Münchener Oberlandesgericht (OLG) zu befassen und entschied, dass mit der Formulierung „Sollte uns auf den Reisen etwas passieren” keine wirksame Schlusserbeneinsetzung zugunsten der Freundin der Erblasserin erfolgt war.
Bekannte sollte erben, wenn Erblasserin und ihrem Bruder „auf Reisen etwas passiert“
Die Erblasserin, die zu Lebzeiten gern mit ihrem Bruder verreiste, hatte ein eigenhändiges Testament verfasst, in dem sie ihre namentlich benannte Bekannte zur Alleinerbin einsetzte, falls ihr und ihrem Bruder „auf den Reisen etwa passieren“ sollte. Es kam, wie es kommen musste: die Erblasserin starb, ihr Bruder überlebte sie jedoch und nahm die Erbschaft als gesetzlicher Alleinerbe an. Als er wenige Monate später selbst verstarb, stritten die Erben des Bruders mit der „Bekannten“ der Erblasserin um deren Nachlass. Zur Überraschung aller kürte das Münchener Oberlandesgericht die Erben des Bruders zu den wahren Berechtigten.
OLG: die Bekannte hätte nur bei gleichzeitigem Versterben der Geschwister geerbt
Die Münchener Richter waren sich einig, dass das Testament der Erblasserin eine enge Bedingung enthielt und nur für einen ganz bestimmten Geschehensablauf gelten sollte. Da sie im Todeszeitpunkt unverheiratet, 71 Jahre alt und kinderlos war, war ihr einziger naher Angehöriger ihr jüngerer Bruder. Deshalb, so das Gericht, sei sie davon ausgegangen, dass sie im Falle eines natürlichen Todes von ihrem Bruder beerben würde. Damit habe aus Sicht der Erblasserin nur ein Regelungsbedürfnis für den Fall bestanden, dass ihrem Bruder auf den gemeinsamen Fernreisen "etwas zustoßen" würde, weil er sie dann nicht mehr beerben könne. Für das Münchener OLG lag damit auf der Hand, dass die Erblasserin ausschließlich diesen konkreten Sachverhalt vorsorglich regeln wollte. Dafür, dass sie die Bekannte als Schlusserbin nach dem Tode ihres Bruders einsetzten wollte, sahen die Richter keine Anhaltspunkte.
Testament lag dem Gericht nicht im Original vor
Bemerkenswert war noch, dass die Bekannte der Erblasserin das Testament nicht im Original vorlegen, sondern den letzten Willen nur als Foto auf ihrem Smartphone vorweisen konnte: eigentlich ein „no go“, denn Fotos sind in der Regel kein hinreichender Nachweis für die wirksame Errichtung eines Testaments. Trotzdem akzeptierten die Richter das Bild schlussendlich, weil Zeugenaussagen und ein Schriftvergleich ergaben, dass keine Zweifel an der Authentizität des Testaments bestanden. Die Entscheidung zeigt, dass jeder Erblasser gut beraten ist, sein Testament so exakt wie möglich zu formulieren und für leichte Auffindbarkeit zu sorgen, wenn er nicht Gefahr laufen will, dass der letzte Wille mangels Bestimmheit bzw. Verlust nicht erfüllt wird. Zur Gewährleistung eines sicheren Aufbewahrungsortes kann das Testament z.B. beim lokalen Nachlassgericht in Verwahrung gegeben werden; bei der Suche nach der passenden Formulierung helfen die Rechtsanwälte der dhpg gerne weiter.
OLG München (Beschluss vom 7.10.2025 - 33 Wx 25/24).