Wann liegt die wirtschaftliche Neugründung einer GmbH vor?

GmbH: noch aktiv oder schon „leere Hülle“ - und welche Konsequenzen sind daran geknüpft?

Ist eine GmbH eine „leere Hülse“ geworden, die kein aktives Unternehmen mehr betreibt, spricht man im Falle ihrer Wiederbelebung (Mantelverwendung) von einer „wirtschaftlichen Neugründung“; das kann sowohl durch den Kauf und die Verwendung einer Vorrats-GmbH geschehen als auch durch die Re-Aktivierung einer für längere Zeit nicht benötigten Tochtergesellschaft. Davon zu unterscheiden ist die bloße Umorganisation bzw. Neuausrichtung oder Sanierung einer noch aktiv tätigen GmbH. Aber wie genau ist zu unterscheiden? Die Abgrenzung ist wichtig, denn eine wirtschaftliche Neugründung ist gegenüber dem Registergericht offenzulegen und der Geschäftsführer hat u.a. zu versichern, dass das satzungsmäßige Stammkapital im Anmeldezeitpunkt wertmäßig vorhanden ist. Dadurch soll vermieden werden, dass die Gründungsvorschriften umgangen werden und somit die Gefahr besteht, dass die gesellschaftsvertragliche Kapitalausstattung nicht gewährleistet ist, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit (wieder) aufgenommen wird. Ob eine GmbH im Augenblick ihrer (Wieder-)Belebung noch ein Unternehmen betreibt oder bereits tatsächlich stillgelegt war, ist anhand verschiedener Indizien zu prüfen. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) hat kürzlich noch einmal die wichtigsten Abgrenzungskriterien zwischen wirtschaftlicher Neugründung einer inaktiven und wirtschaftlicher Neuausrichtung einer aktiven GmbH zusammengestellt. 

Anteilskauf unter Änderung von Firma, Sitz und Unternehmensgegenstand lassen beim Registergericht die Alarmglocken klingeln

Der Käufer sämtlicher Geschäftsanteile einer GmbH, deren neuer Geschäftsführer er zuvor geworden war, beschloss mit notarieller Urkunde kurzum eine Änderung der Firma, eine Erweiterung des Unternehmensgegenstands der GmbH sowie eine Erhöhung des Stammkapitals und meldete diese gesellschaftsvertraglichen Änderungen zur Eintragung ins Handelsregister an. Hierbei wurde das Registergericht insbesondere deshalb hellhörig, weil in der Notarurkunde vermerkt war, dass das Stammkapital der GmbH aufgebraucht sei. Konsequent lehnte es die begehrte Eintragung ab. Der Käufer beschwerte sich – erfolglos.

Im Zweifel: wirtschaftliche Neugründung

Aufgrund der Gesamtumstände stand für das Registergericht nämlich fest, dass die angemeldeten Änderungen aus Anlass einer wirtschaftlichen Neugründung in Form eines sog. „Mantelkaufs“ erfolgt waren. Deshalb scheiterte die Eintragung daran, dass der Käufer weder seiner diesbezüglichen Offenlegungspflicht noch seiner Pflicht zur Abgabe der Versicherung über die Stammkapitalaufbringung nachgekommen war. Für die Richter:innen lief alles auf die Frage hinaus, ob die GmbH im Augenblick ihrer „Wiederbelebung“ überhaupt noch ein Unternehmen betrieb oder bereits tatsächlich stillgelegt war. Dabei ist von einer Inaktivität ausgehen, so die Richter:innen, wenn die GmbH keine Tätigkeit entfaltet, die über die bloße Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen hinausgeht. Kumulativ auftretende eintragungspflichtige Abänderungen des Gesellschaftsvertrages, wie die Änderung des Unternehmensgegenstandes, Neufassung der Firma, Sitzverlegung, Bestellung eines neuen Geschäftsführers sowie eine Veräußerung der Geschäftsanteile deuten nach Ansicht der Rechtsprechung typischerweise auf eine Mantelverwendung hin. Demgegenüber ist alleine ein Gesellschafterwechsel oder eine vorangegangene Vermögenslosigkeit der GmbH unverdächtig. Die Richter:innen betonten, dass bei der Versagung der Eintragung der diversen Satzungsänderungen auch noch weitere Anhaltspunkte eine Rolle gespielt hätten: so gingen aus dem GmbH-Anteilskaufvertrag keinerlei Abwicklungsvereinbarungen hinsichtlich laufender Geschäfte oder Verpflichtungen hervor. Ferner qualifizierte das Gericht die vorhandenen Vertragsklauseln, nach denen der laufende Gewinn der GmbH dem Käufer zustehe sowie solche zu einem Gewährleistungsausschluss „hinsichtlich des Werts des Kaufgegenstandes“ als inhaltsleere Textbausteine ohne Bezug zu einer konkreten wirtschaftlichen Tätigkeit. Hinzu kam außerdem, dass keiner der angemeldeten Vorgänge darauf schließen ließ, dass die GmbH über ein Geschäftskonto verfüge und am unbaren Zahlungsverkehr teilnehme, das sämtliche Bezahlvorgänge in bar abgewickelt werden sollten.

Vorsicht bei zu vielen Satzungsänderungen nach Anteilskauf

Bei Anteilsübertragungen mit gleichzeitigen diversen Gesellschaftsvertragsänderungen prüfen in der Praxis auch Notare, ob eine wirtschaftliche Neugründung gegeben ist, und empfehlen bei Vorliegen der genannten Indizien, die Einhaltung der daraus resultierenden Offenlegungs – und Versicherungspflichten im Rahmen der Anmeldung mitzuerledigen. Aus gutem Grund: die Nichteilhaltung kostet Zeit und Geld; außerdem muss der Geschäftsführer aufpassen, denn: handelt er vor der Eintragung im Namen der GmbH, riskiert er auch noch eine persönlich Haftung. 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.2024, I-3 Wx 24/24
 

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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