Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums zur Arbeitszeiterfassung soll mehr Klarheit bringen

Elektronische Arbeitszeiterfassung gefordert 

Der Entwurf sieht vorrangig vor, dass Beginn, Ende und Dauer der tatsächlichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen sind. Das war nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu erwarten. Erstaunlich ist, dass die Aufzeichnung der genauen Pausenzeiten offenbar nicht gefordert werden soll. Was genau eine elektronische Aufzeichnung voraussetzt, bleibt vorerst unklar. Offenbar sollen neben Zeiterfassungsgeräten (elektronische Stempeluhren), aber auch Apps und Excel-Tabellen in Betracht kommen. 

Von dem Grundsatz der elektronischen Aufzeichnung nimmt der Entwurf einige wenige Fälle aus, bei denen auch die nicht elektronische Arbeitszeiterfassung in Papierform ausreichend ist. Damit soll eine Überforderung der Betriebe vermieden werden. So sollen Betriebe mit weniger als zehn Arbeitnehmer:innen sowie ausländische Arbeitgeber, die ohne Betriebsstätte im Inland bis zu zehn Arbeitnehmer:innen nach Deutschland entsenden, nicht verpflichtet sein, die Zeiterfassung elektronisch durchzuführen. Dasselbe gilt für Privathaushalte, die Hausangestellte beschäftigen. Zusätzlich sieht der Entwurf Übergangsfristen für mittelgroße Betriebe vor: Betriebe mit weniger als 250 Arbeitnehmer:innen haben zwei Jahre Zeit für die Umsetzung, bei unter 50 Arbeitnehmer:innen beträgt die Übergangsfrist sogar fünf Jahre. Aufzeichnen müssen diese Betriebe und Privathaushalte aber auch; ihnen bleibt lediglich die elektronische Erfassung erspart. 

Keine grundsätzlichen Ausnahmen von der Arbeitszeiterfassung 

Grundsätzliche Ausnahmen von der Arbeitszeiterfassung insgesamt – etwa für bestimmte Branchen oder bestimmte Berufs- oder Einkommensgruppen – sind nicht vorgesehen. Zwar soll es möglich sein, im Betrieb von einigen Formalia abweichen zu können sowie auch Arbeitnehmer:innen von der Aufzeichnungspflicht auszunehmen, bei denen die gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmer:innen selbst festgelegt werden kann. Dies soll aber nach dem Entwurf nur durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung möglich sein. 

Das erscheint unpraktikabel, weil gerade diejenigen Berufsgruppen, für die derartige Ausnahmen plausibel und gewünscht erscheinen (etwa höhere Angestellte, Freiberufler:innen, Arbeitnehmer:innen mit Vertrauensarbeitszeit oder selbstbestimmter Arbeitszeit) in vielen Fällen nicht tarifgebunden tätig sind. Hier bleibt zu hoffen, dass der Entwurf im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch liberalisiert wird. 

Kontrolle und Information der Arbeitnehmer

Die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit soll grundsätzlich von Arbeitnehmer:innen selbst wahrgenommen werden. Allerdings stellt der Referentenentwurf klar, dass Arbeitgeber diese Aufzeichnungen prüfen müssen, um mögliche Verstöße gegen die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeit feststellen – und für die Zukunft vermeiden – zu können.

Nach dem Entwurf werden Arbeitgeber auch verpflichtet sein, ihre Arbeitnehmer:innen über die aufgezeichnete Arbeitszeit zu informieren und ihnen gegebenenfalls eine Kopie der Aufzeichnung zur Verfügung zu stellen. Dies erscheint wenig problematisch. 

Regelung noch nicht verbindlich 

Der aktuelle Referentenentwurf stellt derzeit lediglich einen Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales dar und genießt demnach noch keine Gültigkeit. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob die angesprochenen Änderungen tatsächlich Eingang in das Arbeitszeitgesetz finden werden. Bis dahin gilt weiterhin, dass die Arbeitszeit zwar zu erfassen ist, die Form aber nicht zwingend vorgegeben ist. 
Gerne beraten wir Sie ausführlich zu der Einführung sowie Ausgestaltung von Arbeitszeiterfassungssystemen. 

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Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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