Finales Schreiben zur Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen

Hintergrund

Seit dem 1. Juli 2020 besteht eine gesetzliche Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Diese Verpflichtung geht zurück auf das Projekt der OECD und der G-20-Staaten gegen die Reduzierung und Verlagerung steuerlicher Gewinne durch aggressive Steuergestaltung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS). Auslöser waren insbesondere aggressive Steuergestaltungen multinationaler Konzerne. Auf europäischer Ebene wurde die Mitteilungspflicht mit der sechsten Änderung der EU-Amtshilferichtlinie („DAC 6“) umgesetzt. Mit Datum vom 29.3.2021 nimmt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zur Anwendung der Mitteilungspflichten Stellung.

BMF-Schreiben vom 29.3.2021

Die EU-Richtlinienregelung enthält ebenso wie die Umsetzung in nationales Recht durch die neu eingefügten §§ 138d bis 138k der Abgabenordnung (AO) eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe, die den Intermediären und Nutzern, die zur Mitteilung verpflichtet sind, in der Praxis zahlreiche Probleme bereitet. Seit Januar 2020 hatte das BMF wiederholt Entwürfe für ein Anwendungsschreiben veröffentlicht, zuletzt die Version vom 14.7.2020. Eine Finalisierung des Schreibens ließ jedoch lange auf sich warten, sodass die „erste Welle“ der DAC-6-Meldungen ohne eine gesicherte Grundlage zumindest der Verwaltungsauffassung abgearbeitet werden musste. Nunmehr liegt das finale Anwendungsschreiben vor. Es enthält neben der letzten Entwurfsfassung lediglich wenige punktuelle Änderungen.

Regelungsinhalt des BMF-Schreibens

Das BMF-Schreiben umfasst insgesamt 71 Seiten und besteht aus drei Hauptabschnitten:

  • Teil I: Sachlicher und persönlicher Anwendungsbereich der Mitteilungspflicht: Dieser Teil enthält u.a. ein Prüfschema zur Einschätzung einer Mitteilungspflicht sowie eine Definition der wesentlichen Begriffe „Steuergestaltung“, „Beteiligte der Steuergestaltung“ und „Grenzüberschreitender Bezug“.
  • Teil II: Erläuterung zu den einzelnen Kennzeichen (Hallmarks), die eine Mitteilungspflicht auslösen: In diesem Abschnitt werden die einzelnen (bedingten und unbedingten) Kennzeichen ebenso wie der sogenannte Relevanztest (Main Benefit Test) und der Begriff des steuerlichen Vorteils näher erläutert. Zudem enthält das Schreiben in der Anlage eine Auflistung von Fällen, in denen ein steuerlicher Vorteil nicht vorliegen soll (sogenannte White List).
  • Teil III: Verfahren zur Mitteilung einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung: Dieser Teil enthält u.a. Ausführungen zum Inhalt der Meldung sowie zu den verpflichtenden Angaben in der Steuererklärung.


Eine wichtige Ergänzung zu den bisher vorliegenden Entwürfen betrifft die wesentlichen einschlägigen Vorschriften, die im Rahmen der Mitteilung zu benennen sind. Das Schreiben stellt klar, dass hiermit nicht die jeweiligen Meldevorschriften gemeint sind, sondern die für die konkrete grenzüberschreitende Steuergestaltung relevanten Vorschriften im Inland sowie in allen weiteren betroffenen EU-Mitgliedstaaten. Dies betrifft nicht nur die jeweils angewandten Vorschriften, sondern auch jene, deren Anwendung durch die konkrete Gestaltung verhindert wird. Verlangt wird die genaue Bezeichnung des jeweiligen Gesetzes. Diese Ergänzung dürfte aufgenommen worden sein, weil das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zahlreiche eingegangene Meldungen wohl für nicht ausreichend hielt und entsprechende Rückfragen gestellt hat.

Im Ergebnis hilft das BMF-Schreiben bei der Erfüllung der Mitteilungspflichten, ändert aber nichts an dem Umstand, dass weiterhin zahlreiche Anwendungs- und Zweifelsfragen unbeantwortet bleiben. Diese Unsicherheiten dürften dazu geführt haben, dass viele Intermediäre und Nutzer bei ihren Meldungen sehr vorsichtig waren und sind und Sachverhalte im Zweifel auch dann melden, wenn die Erzielung eines steuerlichen Vorteils nicht im Vordergrund steht und beachtliche Gründe gegen eine Mitteilungspflicht sprechen.

Zeitliche Anwendung und Sanktionen

Die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen besteht ab dem 1.7.2020 und muss innerhalb von 30 Tagen nach dem meldepflichtigen Ereignis erfüllt werden. Sie besteht auch für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, bei denen der erste Schritt zur Umsetzung nach dem 24.6.2018 und vor dem 1.7.2020 gemacht worden ist. In diesen Altfällen ist die Mitteilung abweichend von § 138f Abs. 2 AO innerhalb von zwei Monaten nach dem 30.6.2020 an das Bundeszentralamt für Steuern zu erstatten. Anders als die meisten EU-Mitgliedstaaten hat Deutschland von der Möglichkeit, die Fristen infolge der Corona-Pandemie um bis zu sechs Monate zu verlängern, keinen Gebrauch gemacht. Verstöße gegen die Mitteilungspflichten können mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 € geahndet werden.

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Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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