Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen
Hintergrund
Am 25.5.2018 wurde auf EU-Ebene die sogenannte DAC6-Richtlinie verabschiedet, welche die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen europaweit einführte. Auslöser waren insbesondere aggressive Steuergestaltungen multinationaler Konzerne. Das Bundesministerium der Finanzen hat kürzlich einen Referentenentwurf zur Umsetzung dieser EU-Richtlinie veröffentlicht, dem unmittelbar ein Regierungsentwurf folgte. Ziel der Mitteilungspflicht ist es, der Finanzverwaltung durch die Anzeigen von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen frühzeitig Informationen über diese zu verschaffen, sodass grenzüberschreitende Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen zeitnah identifiziert und verringert werden können. Der deutsche Gesetzgeber erhofft sich, so der Minderung des inländischen Steuersubstrats durch Verlagerungen in das niedrig besteuerte Ausland mittels gezielter gesetzgeberischer Maßnahmen entgegenzuwirken.
Regierungsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen
Der Regierungsentwurf sieht eine Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vorrangig für sogenannte Intermediäre vor. Laut Entwurf sind Intermediäre diejenigen, die solche grenzüberschreitenden Gestaltungen vermarkten, für Dritte konzipieren, organisieren, zur Nutzung bereitstellen oder ihre Umsetzung durch Dritte verwalten. Unter grenzüberschreitenden Steuergestaltungen werden Gestaltungen verstanden, die nicht harmonisierte Steuern (darunter insbesondere die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie die Grunderwerb- und Erbschaftsteuer) betreffen und mindestens ein durch das Gesetz bestimmtes Kennzeichen zur Identifizierung betroffener Gestaltungen erfüllen. Das Gesetz führt eine Vielzahl solcher Kennzeichen an, die von der Vereinbarung einer Vertraulichkeitsklausel bis hin zur gezielten Nutzung bestimmter Verrechnungspreisgestaltungen reichen.
Unter gewissen Umständen können jedoch auch die Nutzer der Steuergestaltung der Mitteilungspflicht unterliegen. Nutzer sollen dabei diejenigen sein, denen die Gestaltung zur Umsetzung bereitgestellt wird, die bereit sind, diese Gestaltung umzusetzen, oder die bereits den ersten Schritt der Umsetzung vollzogen haben. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Intermediäre, wie in Deutschland insbesondere Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, einer gesetzlichen Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegen und die Nutzer diese davon nicht entbinden.
Die vorgesehene Frist zur Mitteilung der betroffenen Sachverhalte beträgt 30 Tage nach Ablauf des Tages, an dem die grenzüberschreitende Steuergestaltung zur Umsetzung bereitgestellt wird, der Nutzer der Gestaltung zur Umsetzung bereit ist oder mindestens ein Nutzer den ersten Schritt der Umsetzung dieser Steuergestaltung vollzogen hat.
Ausblick
Die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht hat bis Ende 2019 zu erfolgen. Insoweit ist zu hoffen, dass die Vielzahl an verbleibenden Rechtsfragen, die der Regierungsentwurf unbeantwortet lässt, im weiteren Gesetzgebungsverfahren durch den Gesetzgeber geklärt werden können. Unabhängig davon zeichnet sich bereits jetzt durch den Regierungsentwurf ein deutlich gesteigerter Compliance-Aufwand ab, der sowohl Unternehmen als auch steuerliche Berater treffen wird. Eine zunächst geplante Ausweitung der Anzeigepflicht auch auf rein innerstaatliche Gestaltungen sieht der aktuelle Entwurf allerdings nicht vor.