GmbH: Falscher Versammlungsort – was nun?
Gesellschafterversammlung der GmbH: Achtung bei der Wahl des Versammlungsorts!
Meist regelt der GmbH-Gesellschaftsvertrag den Ort, an dem Gesellschafterversammlungen abzuhalten sind. Fehlt eine Bestimmung dazu, hat die Versammlung am Sitz der GmbH stattzufinden. Kürzlich hat das Münchener Oberlandesgericht dazu Stellung genommen, ob und wann Gesellschafterversammlungen an einem anderen Ort abgehalten werden dürfen und was passiert, wenn der „falsche Ort“ gewählt wurde.
Gesellschafterversammlung darf nicht an x-beliebigem Ort stattfinden
In der Gesellschafterversammlung einer GmbH sollten gegen einen der Gesellschafter Schadensersatzansprüche geltend gemacht und es sollte über seinen Ausschluss aus der GmbH abgestimmt werden. Die GmbH hatte ihren Sitz in München, dort wohnte auch der Gesellschafter. Geladen worden war aber zu einer Versammlung in den Räumlichkeiten einer Anwaltskanzlei in Frankfurt. Der GmbH-Gesellschaftsvertrag schwieg zum Versammlungsort. Im Vorfeld der Gesellschafterversammlung hatte der betroffene Gesellschafter bereits schriftlich den geplanten Versammlungsort Frankfurt als fehlerhaft gerügt und erklärt, man müsse sich in München treffen, jedoch kein Gehör gefunden. In der Versammlung selbst hielt er die Rüge des unzulässigen Versammlungsorts aufrecht. Trotz allem wurde über sämtliche Tagesordnungspunkte abgestimmt. Es kam, wie es kommen musste: Der betroffene Gesellschafter erhob Anfechtungsklage mit dem Ziel, die gefassten Beschlüsse für nichtig zu erklären, und bekam recht.
Falscher Versammlungsort macht die gefassten Beschlüsse anfechtbar
Die Münchener Richter:innen überlegten nicht lange und erklärten die in der Gesellschafterversammlung der GmbH in Frankfurt gefassten Beschlüsse wegen des fehlerhaften Versammlungsorts allesamt für nichtig. Denn: Ein falscher Versammlungsort führt zur Anfechtbarkeit der in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse. Das gilt auch dann, wenn der fehlerhafte Versammlungsort keinerlei Auswirkung auf das Beschlussergebnis hatte. Auch wenn bei einer Versammlung am korrekten Ort nicht anders abgestimmt worden wäre, genügt für die Anfechtbarkeit der Beschlüsse die Verletzung des Mitwirkungs- und Partizipationsrechts des Betroffenen. Immer dann, wenn ein GmbH-Gesellschaftsvertrag den Ort der Gesellschafterversammlung nicht regelt, muss diese am Sitz der Gesellschaft stattfinden, hier also in München. Grundsätzlich soll dadurch dem Schutz der Gesellschafter:innen vor einer willkürlichen Wahl des Versammlungsorts und einer daraus folgenden Beeinträchtigung ihres Teilnahmerechts Rechnung getragen werden.
Oberlandesgericht München: Es gibt Ausnahmen von der strengen Regel
Die Richter:innen erklärten noch, dass gewisse Ausnahmen die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung an einem anderen Ort rechtfertigen können: z.B. dann, wenn von vornherein feststeht, dass der andere Versammlungsort die Teilnahme nicht erschwert, weil die Gesellschafter:innen den anderen Ort leichter als den Sitz der GmbH erreichen können. Oder dann, wenn am Sitz der GmbH kein geeignetes Versammlungslokal vorhanden oder die Verkehrsverbindung dorthin gestört ist. Festzuhalten bleibt: Bei der Wahl des Versammlungsorts lohnt durchaus ein Blick in den Gesellschaftsvertrag. Vorsicht ist insbesondere dann geboten, wenn die Gesellschafterversammlung an einem satzungs- bzw. sitzfremden Ort stattfinden soll. Jedenfalls sollten Gesellschafter:innen, die einen fehlerhaften Versammlungsort befürchten, dies vor der Versammlung schriftlich rügen, um die spätere Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse sicherzustellen.
Oberlandesgericht München, Urteil vom 22.3.2023 – 7 U 1995/21