Neue Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise veröffentlicht

Finanzverwaltung konkretisiert den Fremdvergleichsgrundsatz

Noch kurz vor dem Jahresende hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eine Neuauflage der „Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise – Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 AStG“ veröffentlicht. Mit diesen Grundsätzen kodifiziert die Finanzverwaltung ihre Interpretation des Fremdvergleichsgrundsatzes bei Geschäftsbeziehungen zu ausländischen nahestehenden Personen, insbesondere zu verbundenen Unternehmen. Sie bezieht sich dabei im Wesentlichen auf die Verrechnungspreisleitlinien 2022 der OECD, die auch der Neuauflage wiederum als Anlage beigefügt sind. Zugleich konkretisiert sie die naturgemäß recht offen gehaltenen OECD-Formulierungen und gibt damit speziell den Betriebsprüfer:innen eine Auslegungshilfe an die Hand. Die neuen Verwaltungsgrundsätze ersetzen grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 2024 das Vorgängerschreiben vom 6.6.2023 (Blogbeitrag vom 12.7.2023). 

Entwurf zur Konzernfinanzierung weitgehend übernommen

Die frühzeitige Neuauflage war u.a. notwendig geworden, weil mit dem Wachstumschancengesetz neue Vorschriften zur Konzernfinanzierung in das deutsche Außensteuergesetz (AStG) eingefügt worden waren. Diese neuen Vorschriften machen die steuerliche Anerkennung von Finanzierungskosten in einem grenzüberschreitenden Konzernumfeld – dem Grunde und der Höhe nach – von bestimmten Voraussetzungen abhängig und beschäftigen sich zudem mit der steuerlichen Qualifikation bestimmter Finanzierungsdienstleistungen (Blogbeitrag vom 9.4.2024). Speziell die Neuregelungen zur Anerkennung von Zinsaufwand (§ 1 Abs. 3d AStG) hatten für große Unsicherheit auf Anwenderseite gesorgt, da mit ihnen eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe eingeführt worden war. Um dieser Unsicherheit entgegenzuwirken, wurde bereits im August 2024 der neu gefasste Abschnitt der Verwaltungsgrundsätze zu den Finanzierungsbeziehungen im Entwurf veröffentlicht (Blogbeitrag vom 20.8.2024).

In den nun veröffentlichten finalen Verwaltungsgrundsätzen wurden die Passagen zu den Finanzierungsbeziehungen aus dem Entwurf im Wesentlichen übernommen – allerdings mit punktuellen Änderungen:

  • Für das Kriterium der „Kapitaldienstfähigkeit“ bleibt es bei den Ausführungen aus dem Entwurf, wonach sowohl Anschlussfinanzierungen als auch besonders risikobehaftete Finanzierungsbeziehungen (beispielsweise Start-ups) grundsätzlich zu berücksichtigen bzw. steuerlich anzuerkennen sind. Bei kurzfristigen Kapitalüberlassungen, insbesondere aus einem Cash Pool, soll regelmäßig von der Erbringung des Kapitaldienstes ausgegangen werden. Außerdem kann das verwendete Rating zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Glaubhaftmachung herangezogen werden, sofern die Rating-Klassifizierung ein sogenanntes Investment-Grade aufweist.
  • Das Kriterium „wirtschaftlich benötigt“ wurde dahingehend konkretisiert, dass die Finanzierung für den Betrieb oder zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit erforderlich sein und beispielsweise der Finanzierung von Betriebsmitteln oder Anlageninvestitionen dienen soll.
  • Die „Verwendung für den Unternehmenszweck“ schließt auch weiterhin eine Anlage größerer Beträge auf einem Tagesgeldkonto oder im gruppeninternen Cash Pool grundsätzlich aus. Allerdings soll das Vorhalten von fremdüblichen Liquiditätsreserven oder Kapitalpuffern möglich sein – ebenso die Darlehensaufnahme zum Zwecke einer Gewinnausschüttung „im Rahmen der unternehmensüblichen Ausschüttungspolitik“.

Für die Überprüfung des Zinssatzes gilt wie im Entwurf eine Hierarchie der verschiedenen Ratingsysteme, wobei grundsätzlich auf das Rating der Unternehmensgruppe (Konzern) abzustellen ist. Daneben kann – ohne Vorliegen eines externen Ratings – auch eine Ableitung des Unternehmensgruppenratings anhand der Finanzierungskosten der Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten akzeptiert werden. Für die Überleitung von Gruppenrating zu Einzelrating (top-down) bzw. in die umgekehrte Richtung (bottom-up) geben die Verwaltungsgrundsätze praktische Hinweise.

Die Verwaltungsgrundsätze bestätigen außerdem die vollumfängliche Geltung der Neuregelungen ab dem Veranlagungszeitraum 2025 – auch für Finanzierungsbeziehungen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes begründet worden sind. In diesem Fall soll es ausreichend sein, die Voraussetzungen für die Anerkennung zum 31.12.2024 glaubhaft zu machen. Für Neufinanzierungen oder bei wesentlichen Änderungen an Bestandsfinanzierungen greifen die Neuregelungen bereits im Jahr 2024.

Amount B darf angewendet werden

Die zweite wesentliche Neuerung gegenüber den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2023 betrifft den Verweis auf den vereinfachten OECD-Ansatz (Amount B) für grundlegende Vertriebs- und Marketingaktivitäten (Blogbeitrag vom 6.3.2024). Hier lässt die deutsche Finanzverwaltung ab dem Veranlagungszeitraum 2025 grundsätzlich die Verrechnungspreisbestimmung nach dem vereinfachten Ansatz zu – allerdings nur im Verhältnis zu den im OECD-Bericht genannten Staaten: wenn mit diesen ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht und es sich nicht um ein nicht kooperatives Steuerhoheitsgebiet im Sinne des Steueroasen-Abwehrgesetzes handelt.

Inwieweit die vereinfachten Berechnungen des Amount B zukünftig die Verrechnungspreis-Praxis bei Vertriebsunternehmen tatsächlich wesentlich verändern werden, bleibt abzuwarten. Vorerst ist der Anwendungsbereich für deutsche Unternehmen auf wenige und eher exotische Länder begrenzt.

Alle Finanzierungsbeziehungen auf den Prüfstand

Auch wenn die Finanzverwaltung – wie bereits im Entwurf – bei ihrer tendenziell unternehmensfreundlichen Auslegung bleibt, stellt die gesetzliche Neuregelung zu den Finanzierungsbeziehungen für die betroffenen Unternehmen eine erhebliche Belastung dar. Ab 2025 gelten diese uneingeschränkt auch für bestehende Finanzierungen, sodass eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung zum Jahreswechsel 2024/2025 dringend zu empfehlen sind. 

BMF-Schreiben vom 12.12.2024: Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 – Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 AStG

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