Wachstumschancengesetz: Neuregelung zur Konzernfinanzierung

Finanzierungen im Fokus der Betriebsprüfung

Die Bestimmung fremdüblicher Konditionen für konzerninterne Finanzierungsbeziehungen zählt zu den anspruchsvollsten Aufgaben im Rahmen der Verrechnungspreisplanung und -prüfung – und sorgt zugleich häufig für Diskussionen und Streit im Rahmen von Betriebsprüfungen. Dass Finanzverwaltung und Finanzgerichte bei dieser Frage nicht immer einer Meinung sind, erleichtert die Situation für die betroffenen Unternehmen und Konzerne ebenfalls nicht. Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes ist nun auch der Gesetzgeber auf den Plan getreten und hat eine vollständig neue Regelung im Außensteuergesetz (AStG) verankert.

Anerkennung von Zinsaufwand – dem Grunde und der Höhe nach

Die Bundesregierung hatte im Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz noch die Einführung einer Zinshöhenschranke geplant. Mit dieser sollten Zinsaufwendungen zwischen verbundenen Unternehmen nur steuerlich abziehbar sein, soweit die Zinsaufwendungen den um zwei Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz im Sinne des § 247 BGB nicht übersteigen (vgl. Blogbeitrag vom 1. August 2023). Dieses Vorhaben wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht weiterverfolgt, stattdessen gilt nun eine Spezialvorschrift (§ 1 Abs. 3d AStG) für grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen.

Nach dieser Neuregelung setzt die Anerkennung von Zinsaufwendungen als abzugsfähige Betriebsausgaben

  • dem Grunde nach voraus, dass der Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit der Finanzierung erbracht werden kann und die Finanzierung wirtschaftlich benötigt sowie für den Unternehmenszweck verwendet wird. Sämtliche Voraussetzungen muss der Steuerpflichtige glaubhaft machen; und zudem
  • der Höhe nach voraus, dass der Zinssatz nicht überschritten wird, zu dem sich das Unternehmen „unter Zugrundelegung des Ratings für die Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten finanzieren könnte“.

Eine nähere Erläuterung der Merkmale „Kapitaldienstfähigkeit“, „wirtschaftlich benötigen“ und „Verwendung für den Unternehmenszweck“ enthält die gesetzliche Regelung nicht. Es darf allerdings vermutet werden, dass die Neuregelung die Position der Finanzverwaltung stärkt, die in den „Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise“ (zuletzt veröffentlicht im Jahr 2023) bereits sehr vergleichbare Positionen vertritt. Gleiches gilt für die Verwendung des sogenannten Konzernratings, obwohl sich der Bundesfinanzhof eindeutig für die Verwendung eines „Stand-alone-Ratings“ ausgesprochen hatte (Blogbeitrag vom 26. Oktober 2021).

Zur Qualifikation der konzerninternen Finanzierungsfunktion

Eine weitere, neu hinzugefügte Vorschrift (Abs. 3e des § 1 AStG) beschäftigt sich speziell mit der Rolle von Finanzierungsgesellschaften innerhalb eines Konzerns bzw. von solchen Gesellschaften, die auch Finanzierungsfunktionen für andere Gruppengesellschaften übernehmen. Dabei soll es sich regelmäßig um funktions- und risikoarme Dienstleistungen handeln, soweit

  • Finanzierungsbeziehungen vermittelt oder weitergeleitet werden oder
  • die Steuerung von Finanzmitteln, etwa in Form von Liquiditäts-, Risiko- oder Währungsmanagement, übernommen wird.

Die Rechtsfolgen einer solchen Leistungsqualifikation werden im Gesetz nicht explizit benannt. Zielsetzung dürfte jedoch sein, für die Vergütung dieser Leistungen gegenüber (ausländischen) Konzern-Finanzierungsgesellschaften lediglich die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode mit einem geringen Gewinnaufschlag (von beispielsweise 5 %) zuzulassen. Hinsichtlich der Steuerung von Finanzmitteln kann der Steuerpflichtige zwar einen Gegenbeweis führen, wonach es sich nicht lediglich um funktions- und risikoarme Dienstleistungen handelt – in der Praxis dürfte dieser Gegenbeweis allerdings schwer zu führen sein.

Rückwirkende Anwendung schränkt Reaktionsmöglichkeiten ein

Die dargestellten Neuregelungen sind bereits für den Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2024 anzuwenden und greifen damit – teilweise rückwirkend – in bestehende Finanzierungsbeziehungen und -strukturen ein, was eine Reaktion durch die betroffenen Unternehmen zusätzlich erschwert. In Kombination mit einem wieder deutlich gestiegenen Marktzinsniveau dürften damit in Zukunft sowohl die Anzahl als auch das Volumen potenzieller Korrekturen in Betriebsprüfungen und somit auch das Risiko von Doppelbesteuerungen deutlich zunehmen. Der internen Überprüfung und Optimierung bestehender Finanzierungsstrukturen sollte daher bei allen grenzüberschreitend aufgestellten Unternehmensgruppen eine hohe Priorität eingeräumt werden.

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Benno Lange

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