Keine Anwendung des § 14c UStG mehr bei Rechnungen an Endverbraucher

Gefährdung des Steueraufkommens

Wer in einer Rechnung Umsatzsteuer unrichtig oder unberechtigt offen ausweist, schuldet die entsprechende Umsatzsteuer (§ 14c UStG). Allerdings greift die Regelung, entgegen der bisherigen Ansicht der Finanzverwaltung, laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) nur, wenn hierdurch das Steueraufkommen gefährdet ist. Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn an Endverbraucher:innen fakturiert wird, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. 

Kernaussage des neuen BMF-Schreibens

Hat ein (Klein-)Unternehmer eine Leistung tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit unrichtigem Ausweis von Umsatzsteuer ausgestellt, so schuldet er diese nicht nach § 14c UStG, wenn er die Rechnung an eine:n Endverbraucher:in ausgestellt hat. Unter den Begriff des Endverbrauchers subsumiert das BMF Nichtunternehmer:innen und Unternehmer:innen, die die Leistung für den nicht unternehmerischen Bereich beziehen.

Nachweis erforderlich

Laut BMF muss der Rechnungsaussteller glaubhaft nachweisen, dass die fraglichen Rechnungen an Endverbraucher:innen ausgestellt wurden. Eine Schätzung dieser Umsätze lässt das BMF nicht zu. Es kann aber berücksichtigt werden, wenn die erbrachte Leistung mit hoher Wahrscheinlichkeit nur für den privaten Verbrauch bestimmt war (z.B. Nachhilfeunterricht für Schüler:innen). 

Bewertung: Nur im Grundsatz gut

Positiv zu bewerten ist, dass das BMF nun endlich zu den jüngsten Urteilen Stellung bezogen hat. Dies sorgt für Rechtssicherheit und dürfte viel unnötigen Aufwand für betroffene Unternehmen vermeiden. Doch nicht alles ist positiv zu bewerten. So lässt das BMF keine Schätzung des Anteils der Rechnungen an Endverbraucher:innen zu. Viele Unternehmer:innen wissen nicht, ob ihre Kund:innen Endverbraucher:innen sind. Sie schulden damit weiterhin die Umsatzsteuer nach § 14c UStG, sofern die erbrachte Leistung nicht eindeutig privater Natur ist. Dies betrifft z.B. die Gastronomie, Bäckereien etc. Dies wird für neues Konfliktpotenzial sorgen, da der EuGH sich nicht gegen eine Schätzung ausgesprochen hat, sondern hierzu keine Stellung beziehen musste, da es einer Aufteilung nicht bedurfte. Hingegen hat sich die Generalanwältin im Schlussantrag zum Urteil eindeutig und mit überzeugenden Argumenten für eine Schätzung ausgesprochen. Demnach ist eine Schätzung nicht nur zulässig, sondern nötig, um den Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer zu gewährleisten. Ferner beschränkt sich das Schreiben nur auf Leistungen an Endverbraucher:innen. Es ignoriert damit die Hinweise in der aktuellen Rechtsprechung, die auch hier bei unrichtigem Steuerausweis in Rechnungen an Unternehmer:innen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, keine Steuerschuld nach § 14c UStG annimmt, wenn der Rechnungsaussteller gutgläubig war.

Was ist zu tun?

Unverändert sollten Sie sicherstellen, dass Ihre Faktura zutreffend ist. Gelingt dies nicht, so kann in geeigneten Fällen, unter Hinweis auf das Schreiben des BMF, eine Steuerschuld nach § 14c UStG verhindert werden. Können Sie nicht explizit nachweisen, dass Ihre Kund:innen Endverbraucher:innen sind, sollten Sie eine objektive Schätzung des Anteils dieser Kund:innen vornehmen und dies dem Finanzamt offenlegen. Wird die Schätzung nicht akzeptiert, ist zu prüfen, ob hiergegen Klage zu erheben ist. Die Erfolgsaussichten hierfür sind angesichts des expliziten Hinweises des EuGH zur Zulässigkeit der Schätzung mehr als gut. Sofern die Rechnungen an Unternehmer:innen ausgestellt wurden, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, ist zu prüfen, ob unter der Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung tatsächlich eine Steuerschuld nach § 14c UStG entsteht. 

Fazit

Das Schreiben des BMF ist ein Schritt in die richtige Richtung. Unverändert verbleibt Konfliktpotenzial, sodass mit weiteren Verfahren zu rechnen ist. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.

Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 27.2.2024

Gert Klöttschen

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Oliver Lohmar, LL.M.

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