Immer wieder aktuell: die GmbH-Gesellschafterliste
Nur die Gesellschafterliste spricht die Wahrheit
Im Verhältnis zu einer GmbH gilt als Gesellschafter nur derjenige, der als solcher in der Gesellschafterliste eingetragen ist; so bestimmt es das Gesetz. Das Berliner Kammergericht stellt kürzlich klar, dass dies auch für die Erben eines GmbH-Gesellschafters sowie – falls diese unbekannt sind – für den Nachlasspfleger gilt: Sie alle können Gesellschafterrechte erst und nur dann ausüben, wenn sie in die Gesellschafterliste aufgenommen wurden.
Wenn der einzige Gesellschafter-Geschäftsführer ohne bekannte Erben verstirbt…
Der Alleingesellschafter und zugleich alleinige Geschäftsführer einer GmbH verstarb. Zur Sicherung und Verwaltung seines Nachlasses sowie zur Ermittlung der bisher unbekannten Erben ernannte das zuständige Gericht (für die unbekannten Erben) einen Nachlasspfleger. Kurz darauf wurde die Lebensgefährtin des Erblassers auf deren Antrag hin vom Gericht zur alleinvertretungsberechtigten Notgeschäftsführerin bestellt, um die GmbH nicht länger führungslos zu lassen. Das gefiel dem Nachlasspfleger nicht; namens der unbekannten Erben legte er Beschwerde ein, um die Abberufung der Notgeschäftsführerin zu erreichen. Er trug vor, bei der Notgeschäftsführerbestellung nicht angehört worden zu sein. Ferner könnten die unbekannten Erben de facto die Gesellschafterrechte ohne weiteres ausüben. Der Nachlasspfleger blieb jedoch erfolglos.
Wer nicht in der GmbH-Gesellschafterliste steht, dem sind die Hände gebunden!
Die Berliner Richter hielten es für die allein entscheidende Frage, ob die unbekannten Erben durch die Entscheidung des Gerichts, für die GmbH einen Notgeschäftsführer zu bestellen, unmittelbar in eigenen Rechten beschwert waren. Die Antwort war ein klares Nein. Dazu muss man wissen: die unbekannten Erben waren zwar durch den Tod des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers gemeinsam Inhaber des GmbH-Geschäftsanteils geworden (also in dessen Gesellschafterstellung eingerückt), aber nicht automatisch in dessen Stellung als rechtlicher Vertreter (Geschäftsführer) der GmbH eingetreten. Auch wenn nach dem Gesetz eine GmbH, die keinen Geschäftsführer mehr hat und damit führungslos ist, von den Gesellschaftern beim Empfang von Erklärungen oder Schriftstücken vertreten wird, waren hier gleich zwei zwingende Voraussetzungen nicht erfüllt: Zum einen ist die bloße Berechtigung zur Entgegennahme von Erklärungen nicht ausreichend zur Weiterführung oder Abwicklung des Geschäftsbetriebs einer GmbH. Zum anderen gilt der Grundsatz, „Gesellschafter einer GmbH ist nur, wer auch in deren Gesellschafterliste steht“ und dort waren die unbekannten Erben gerade nicht vermerkt. Das Einrücken in die Gesellschafterstellung durch Erbfall bildet keine Ausnahme; die Aufnahme in die Liste ist immer notwendige Legitimationsvoraussetzung.
Niemals die Bedeutung der Gesellschafterliste unterschätzen
Man kann nicht oft genug darauf hinweisen: die Gesellschafterliste ist von enormer Wichtigkeit! Jeder GmbH-Gesellschafter sollte größtes Augenmerk darauf legen, in der aktuellen im Handelsregister „seiner“ GmbH hinterlegten Liste mit korrekter Beteiligungshöhe aufgeführt zu sein. Beim käuflichen Erwerb von GmbH-Anteilen oder bei Erbschaft gilt dasselbe. Auch beim Ausscheiden eines Gesellschafters sollte darauf geachtet werden, dass dieser aus der Liste gestrichen wird: schlimmstenfalls sind nämlich sonst die ohne den – in der Liste aber noch genannten – Ex-Gesellschafter gefassten Beschlüsse unwirksam.
KG Berlin, Beschluss v. 23.11.2022, 22 W 50/22