Grundsätzlich keine Umsatzsteuerbefreiung für Flugunterricht

Streit um die Berechtigung zum Vorsteuerabzug

Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, bezweckt die Förderung des Luftsports. Im Jahr 2015 erwarb er hierzu ein einmotoriges Flugzeug. Dies überließ er zum einen den Mitgliedern gegen Entgelt zum Fliegen. Zum anderen verwendete er das Flugzeug zur Ausbildung von Flugschüler:innen zum Erwerb der Privatpilotenlizenz. Der Kläger rechnete im Jahr 2016 die Überlassung des Flugzeugs an die Flugschüler:innen zum ermäßigten Steuersatz ab, die Unterrichtsleistungen behandelte er als steuerfrei. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Flugzeugüberlassung an die Flugschüler:innen zusammen mit dem Flugunterricht eine einheitliche und steuerfreie Leistung sei. Entsprechend kürzte es den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Flugzeugs, soweit dies steuerfrei genutzt wurde. Das Finanzgericht Baden-Württemberg folgte der Auffassung des Finanzamts und lehnte eine hiergegen gerichtete Klage des Vereins ab.

Bundesfinanzhof: Voller Vorsteuerabzug aus dem Flugzeugerwerb

Der Bundesfinanzhof teilt die Auffassung, dass die Überlassung des Flugzeugs zusammen mit dem Unterricht eine einheitliche Leistung (Flugunterricht) darstellt. Allerdings ist diese Leistung nicht steuerfrei, sondern steuerpflichtig. Der Unterricht dient allein dem Ziel, sicheres Fliegen zu erlernen. Flugunterricht ist daher, ebenso wie Segel- und Fahrunterricht, ein spezialisierter Unterricht, der nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht steuerfrei ist. Ob der Unterricht zeitintensiv bzw. das vermittelte Wissen umfangreich ist, hat insoweit keine Relevanz.

Ebenso ist der Flugunterricht nicht als Aus- und Fortbildung steuerfrei. Denn die Privatpilotenlizenz für Hobbyflieger:innen mag beruflich nützlich sein, ist jedoch keine Voraussetzung für eine Berufsausbildung als Pilot:innen bei einem Luftverkehrsunternehmen. Steuerfreier Unterricht wäre daher nur vorstellbar, sofern Kenntnisse vermittelt würden, die zum Erwerb der Verkehrspilotenlizenz nötig sind.

Damit erbringt der Verein ausschließlich steuerpflichtige Umsätze und ist zum vollen Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Flugzeugs berechtigt.

Fazit: Erwartbares Urteil, aber warum musste es hierzu kommen?

Das Urteil ist nicht überraschend. Der EuGH hatte im Jahr 2019 seine Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Unterrichtsleistungen grundsätzlich geändert. Demnach ist Unterricht nur steuerbefreit, wenn er ein breites Spektrum an Wissen vermittelt. Spezieller Unterricht, wie zum Beispiel Fahrschulunterricht, unterliegt dagegen der Umsatzsteuer. 

Im aktuellen Fall ist das Urteil positiv für den Kläger, da für ihn der Vorsteuerabzug vorteilhaft ist.

Dennoch dürfte für den Kläger ärgerlich sein, dass es hierzu überhaupt der Entscheidung des Bundesfinanzhofs bedurfte. So ist zu hinterfragen, wieso das Finanzamt den Fall nach Ergehen der EuGH-Entscheidung fortgeführt hat, obwohl in anderen Verfahren die Finanzverwaltung auf Basis der EuGH-Rechtsprechung die Steuerfreiheit versagt hat. Dies könnte fiskalisch motiviert sein, gegebenenfalls aber auch am Urteil der Vorinstanz liegen, die die Auffassung des Finanzamts noch im Jahr 2021 stützte und es unterließ, die Rechtsprechung des EuGH auch nur ansatzweise zu berücksichtigen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.11.2024 – XI R 31/22

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