Gesetzlicher Mindestlohn: Für wen er gilt und was Arbeitgeber beachten müssen
Die Entwicklung des Mindestlohns seit 2015
Seit dem 1.1.2015 gilt in Deutschland ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn. Dem damals in Kraft getretenen Mindestlohngesetz (MiLoG) waren jahrelange und intensive politische Diskussionen vorangegangen. Heute beschränken sich die Diskussionen im Wesentlichen auf die angemessene Höhe des gesetzlichen Mindestlohns.
Der Gesetzgeber war 2015 mit 8,50 € brutto je Stunde gestartet. Das Gesetz sieht vor, dass eine paritätisch besetzte Mindestlohnkommission alle zwei Jahre über die Anpassung des Mindestlohns zu beschließen hat. Die Umsetzung erfolgt dann durch Rechtsverordnung der Bundesregierung. Auf diese Weise wurde der Mindestlohn inzwischen über 8,84 € (2017) und 9,19 € (2019) auf 9,35 € seit 1.1.2020 – insgesamt also bislang um 10 % – erhöht. Die außerplanmäßige Anpassung 2020 erfolgte wohl auf politischen Druck des aktuellen Arbeitsministers Hubertus Heil (SPD).
Studien zufolge hat sich der Mindestlohn vor allem auf den Sektor der geringfügigen Beschäftigung ausgewirkt. Vor allem in den östlichen Bundesländern sei ein großer Teil von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt worden. Im Ganzen seien die Bruttolöhne der Betroffenen um 10 % gestiegen.
Aktuell werden politische Forderungen laut, den Mindestlohn kurzfristig kräftig zu erhöhen, z.B. auf 12,00 €. In der Praxis treten Probleme vor allem auf, wenn es um die Frage geht, welche Zahlungen des Arbeitgebers auf den Mindestlohnanspruch angerechnet werden können.
Neben dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn nach MiLoG gibt es auch branchenspezifische Mindestlöhne, die über den gesetzlichen Mindestlohn hinausgehen, so z.B. der Mindestlohn in der Pflegebranche, der seit dem 1.1.2020 in den alten Bundesländern, einschließlich Berlin, 11,35 € beträgt und in den neuen Bundesländern 10,85 €.
Der Mindestlohn gilt für alle – mit einigen Ausnahmen
Der zentrale politische Programmsatz ist als Eingangssatz in das MiLoG übernommen worden: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.“ Nach diesem gesetzlichen Konzept eines flächendeckenden Mindestlohns wird im Grundsatz jedes Arbeitsverhältnis von der Mindestlohnvorgabe erfasst; es gibt nur wenige Ausnahmen.
Keinerlei Einschränkung erfährt der betriebliche Anwendungsbereich des MiLoG. Insbesondere gilt die Mindestlohnvorgabe also auch für die öffentliche Hand, für gemeinnützige Einrichtungen und für Privatpersonen als Arbeitgeber.
Vom persönlichen Anwendungsbereich gibt es zwar einige wenige Ausnahmen, im Grundsatz profitiert aber jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin vom Mindestlohn – auch dank der sogenannten flankierenden Schutzmaßnahmen. Der Mindestlohn gilt also insbesondere auch für Aushilfen bzw. geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Job, Minijob). Ausgenommen vom Anwendungsbereich sind lediglich
- Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung
- Auszubildende
- ehrenamtlich Tätige
- Mitarbeiter in Einstiegsqualifizierung oder Ausbildungsvorbereitung nach dem Sozialgesetzbuch bzw. Berufsbildungsgesetz (BBiG)
- Langzeitarbeitslose (zuvor länger als zwölf Monate arbeitslos) während der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses
- Praktikanten, jedoch nur dann, wenn sie entweder ein Pflichtpraktikum oder ein Praktikum von maximal drei Monaten Dauer vor Aufnahme eines Studiums oder einer Ausbildung oder ein studien- oder ausbildungsbegleitendes Praktikum von maximal drei Monaten (wobei mit demselben Unternehmen nicht bereits zuvor ein Praktikum bestanden haben darf) absolvieren. Zudem ist keineswegs jeder ein Praktikant, der als solcher bezeichnet wird. Ein Praktikum im Sinne des MiLoG liegt nur dann vor, wenn sich der Praktikant
- nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses
- für eine begrenzte Dauer
- zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen
- einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit
- zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht,
- ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des BBiG oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.
Wer also – Stichwort Generation Praktikum – beispielsweise nach abgeschlossenem Studium nicht sogleich in ein voll bezahltes Arbeitsverhältnis übernommen wird, sondern übergangsweise als sogenannter Praktikant schlecht oder gar nicht bezahlt wird, führt in Wahrheit kein im MiLoG privilegiertes Praktikum aus, sondern ist Arbeitnehmer und deshalb nach MiLoG zu vergüten. Dessen ungeachtet ist darauf hinzuweisen, dass auch Praktikanten, die vom MiLoG ausgenommen sind, „angemessen“ vergütet werden müssen.
Der Mindestlohn im Ausland
Vor allem im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Arbeitnehmereinsätzen ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass Nationalität und (Wohn-)Sitz sowohl des Mitarbeiters als auch des Arbeitgebers unter Mindestlohngesichtspunkten irrelevant sind. Soweit Arbeit innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt wird, unterliegt sie dem MiLoG – selbst wenn auf das Arbeitsverhältnis ausländisches Arbeitsrecht, Lohnsteuerrecht und/oder Sozialversicherungsrecht anwendbar sein mag. Umgekehrt unterliegt ein Arbeitsverhältnis, das sich grundsätzlich nach deutschem Recht richtet, auch dann dem MiLoG, wenn sich der betroffene Mitarbeiter zeitweilig im Ausland aufhält, etwa während einer Dienstreise oder Entsendung. Ergänzend können ausländische Mindestlohnregelungen greifen, die nicht immer niedrigere Grenzen vorsehen (Belgien z.B. 9,66 €, Republik Irland 9,80 €, Niederlande 9,91 €, Frankreich 10,03 €, Luxemburg 11,97 €; jeweils Stand Januar 2019).
Gerne beraten und unterstützen wir Sie bei der Gestaltung Ihrer Arbeitsverhältnisse auch im mindestlohnnahen Gehaltssegment und/oder bei geringfügiger Beschäftigung. Sprechen Sie uns einfach an.