Erbvertrag ohne Unterschrift des Notars – genügt Signatur auf dem Umschlag?
Notarielle Unterschrift nur auf dem Umschlag des Erbvertrags – wirksam oder nicht?
Erbverträge bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Zudem muss der Notar seine Urkunde unterschreiben – in der Regel passiert das auf dem Dokument selbst am Ende des Textes. Das Bremer Oberlandesgericht (OLG) hatte sich kürzlich mit der Frage zu befassen, ob ein Erbvertrag auch dann (formell) wirksam ist, wenn der Notar die Unterzeichnung nicht in der Urkunde vornimmt, sondern nur den Umschlag abzeichnet, in dem der Vertrag verwahrt wird.
Wenn der Notar seine Unterschrift auf der Urkunde „vergisst“…
Ein verheiratetes Ehepaar hatte einen notariell beurkundeten Erbvertrag abgeschlossen und darin ihre beiden Töchter zu Nacherben nach dem Tod beider Elternteile bestimmt. Im Vertrag hatten zudem die Töchter jeweils einen Pflichtteilsverzicht erklärt. Soweit nichts Ungewöhnliches – allerdings hatte der Notar, wie in der Praxis äußerst unüblich, nicht die Vertragsurkunde selbst mitunterzeichnet, sondern seine Unterschrift befand sich lediglich auf dem verschlossenen Umschlag, der den Erbvertrag enthielt. Viele Jahre später wollte das Ehepaar die erbvertraglichen Bestimmungen ändern: sie erstellten kurzerhand ein gemeinschaftliches notarielles Testament und setzten sich darin gegenseitig zu Alleinerben ein. Als die Ehefrau verstarb, beantragte der Witwer die Erteilung eines ihn als alleinigen Erben ausweisenden Erbscheins. Zu seinem Missfallen wollte das Nachlassgericht davon nichts wissen und auch vor dem OLG kam der Ehemann mit seinem Begehren nicht durch.
… kann das durch Unterzeichnung des verschlossenen Umschlags geheilt werden
Das Gericht meinte, der damalige notarielle Erbvertrag habe die Erfolge bindend festgelegt und könne durch das spätere gemeinschaftliche Testament nicht geändert oder widerrufen werden. Aus dem Vertrag gehe nämlich ohne Zweifel hervor, dass die gegenseitige Einsetzung als Vorerben mit Nacherbfolge der Töchter bindende – d.h. unabänderliche – Wirkung haben sollte. Auch mit dem Argument, der Erbvertrag sei formell unwirksam, weil der Notar den Umschlag vor Hineinlegen des Vertrags unterschrieben habe, drang der Witwer nicht durch. Zum einen sagt das Beurkundungsgesetz (§ 35 BeurkG) deutlich, dass eine fehlende Signatur des Notars auf der Urkunde die Beurkundung dann nicht unwirksam macht, wenn er die Unterschrift – gleichgültig zu welchem Zeitpunkt – auf dem verschlossenen Umschlag vollzieht. Zum anderen waren die Richter überzeugt, dass die Behauptung des Witwers mangels Beweisbarkeit „reine Erfindung“ sei. Am Ende blieb der Witwer „nur“ Vorerbe und die Töchter sind weiterhin Nacherben.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet
Auch im Erbrecht gilt: man sollte sich bewusst sein, welche letztwilligen Verfügungen man mit Bindungswirkung ausstatten möchte und welche nicht. Zwar ist die Aufhebung eines Erbvertrags durch ein gemeinschaftliches Testament grundsätzlich möglich. Dies gilt aber dann nicht, wenn – wie hier – weitere Personen Vertragsparteien geworden sind. Die Töchter hatten nämlich im Gegenzug zur eingeräumten Nacherbenstellung einen Pflichtteilsverzicht erklärt. Damit konnte der Erbvertrag durch ein späteres Testament zum Nachteil der Töchter ohne deren Zustimmung nicht aus der Welt geschafft werden.
OLG Bremen, Urteil vom 09.05.2025, 1 W 4/25