Erbvertrag: Grundstück gegen ärztliche Betreuung – geht das?

Testierfreiheit ist grundgesetzlich geschützt – auch wenn sie gegen ärztliches Berufsrecht verstößt

Wenn ein Patient mit seinem Hausarzt vertraglich vereinbart, dass dieser nach dem Tode des Patienten ein Hausgrundstück als Gegenleistung für umfangreiche ärztliche Betreuung zu Lebzeiten erhält, stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit dieser Abrede. Dazu entschied der Bundesgerichtshof (BGH) zwar, dass die Testierfreiheit eines Erblassers grundsätzlich nicht durch entgegenstehende Berufsordnungen eingeschränkt werden kann. Ob die Vereinbarung allerdings sittenwidrig ist, ließen die Richter noch offen. 

Hausarzt soll Grundstück als Gegenleistung für überobligatorische Betreuung erhalten 

Ein Erblasser hatte mit seiner Tochter, seiner Enkelin und dem Hausarzt einen „Betreuungs- und Erbvertrag“ geschlossen, in dem er dem Arzt ein Grundstück vermachte. Als Gegenleistung verpflichtete sich der Hausarzt zu ständiger telefonischer Erreichbarkeit, regelmäßigen Hausbesuchen und weiteren über das „Normalmaß“ hinausgehenden ärztlichen Behandlungs- und Betreuungsleistungen. Kurze Zeit später setzte der Erblasser in einem Testament seine Tochter zur Alleinerbin seines nicht von dem Erbvertrag erfassten Vermögens ein. Diese nahm nach dem Tode des Erblassers dessen gesamten Nachlass in Besitz. Doch die Freude darüber währte nicht lang: der Insolvenzverwalter des mittlerweile überschuldeten Hausarztes verlangte von der Tochter die Herausgabe des per Erbvertrag vermachten Grundstücks – letztlich aber ohne Erfolg.

Vermächtnis ist wirksam – trotz Verstoßes gegen das ärztliche Berufsrecht

Die Vorinstanzen sahen in der Zuwendung des Grundbesitzes an den Hausarzt ein – unwirksames – Vermächtnis: Ärzten ist es berufsrechtlich verboten, Geschenke oder andere Vorteile anzunehmen, wenn dadurch der Eindruck fehlender ärztlicher Unabhängigkeit entsteht. Das Vermächtnis verstoße daher gegen ein gesetzliches Verbot und sei nichtig. Das sahen die Richter:innen des BGHs anders; zwar habe der Hausarzt durchaus mit dem Erbvertragsabschluss gegen sein Standesrecht verstoßen, dieser Verstoß führe aber gerade nicht zur Unwirksamkeit des Vermächtnisses. Denn die grundgesetzlich geschützte Testierfreiheit eines jeden Einzelnen wiege höher als die berufsrechtlichen Vorschriften. Diese schützen im Übrigen nur die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen und die Integrität des Berufsstandes – enthalten aber keine gesetzlichen Verbote mit Wirkung für und gegen einen Erblasser. Die vermächtnisweise Grundbesitzzuwendung an den Hausarzt war damit wirksam. 

Aber: Mögliche Sittenwidrigkeit der Grundstückszuwendung muss noch geklärt werden

Dennoch hat die erbende Tochter immer noch keinen Grund zur uneingeschränkten Freude, denn der BGH entschied die Frage, wer das Grundstück nun bekommt, nicht abschließend. Die Richter:innen urteilten vielmehr, dass nun noch geklärt werden muss, ob die erbvertragliche Vereinbarung eventuell gegen die guten Sitten verstößt. Es bleibt also spannend…

BGH, Urteil v. 2.7.2025, IV ZR 93/24
 

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Dr. Andreas Rohde

Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht

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