GmbH: Müssen Erben eines Gesellschafters zwingend zur Versammlung geladen werden?
GmbH-Versammlung ohne Ladung der Erben eines Gesellschafters: alle Beschlüsse nichtig!
Erhebliches Ungemach droht, wenn – versehentlich oder nicht – die Erb:innen eines GmbH-Gesellschafters nicht zur Gesellschafterversammlung geladen werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg stellte hierzu aktuell klar, dass in diesem Fall nicht wirksam über die Bestellung eines neuen Geschäftsführers beschlossen werden kann. Der Mangel ist sogar so gravierend, dass er nicht geheilt werden kann, sondern der Beschluss nichtig ist und neu gefasst werden muss.
Jeder Gesellschafter muss zur GmbH-Gesellschafterversammlung geladen werden …
Eine GmbH hatte zwei Gesellschafter, die zu je 50 % an ihr beteiligt waren. Einer der beiden Gesellschafter, der auch deren einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer war, verstarb Anfang 2023. Seine Erb:innen waren unbekannt. Der weitere Gesellschafter bestellte sich daraufhin in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung selbst zum allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer und beantragte beim Handelsregister die Eintragung des Geschäftsführerwechsels. Er berief sich dabei auf eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung der GmbH, die das Ruhen der Gesellschafterrechte im Fall des Todes eines Gesellschafters vorsieht. Das Registergericht und später auch das OLG hatten große Bedenken gegen die Wirksamkeit des Beschlusses. Die Richter:innen meinten, der Gesellschafter hätte zunächst gerichtlich eine:n Nachlasspfleger:in bestellen lassen, diese:n sodann zu einer neuen Versammlung laden und einen neuen Beschluss über die Bestellung zum Geschäftsführer fassen müssen.
… denn das Teilnahmerecht ist unentziehbar
War der Gesellschafter zunächst noch der Auffassung, dass eine Ladung der Erb:innen zur Gesellschafterversammlung entbehrlich war, weil die zügige Fortführung des Geschäfts der GmbH ohne Beeinträchtigung durch die Erb:innen oder deren Vertreter:innen gewährleistet werden müsse, wurde er schnell eines Besseren belehrt: Die Richter:innen erklärten, dass nach dem GmbH-Gesellschaftsvertrag zwar ein Ruhen der Rechte bei Versterben eines Gesellschafters angeordnet sei, dies aber nur das Stimmrecht betreffe. Das Teilnahmerecht hingegen sei unentziehbar und hätte durch Ladung zur Gesellschafterversammlung unbedingt gewahrt werden müssen. Folge: Die Bestellung des Gesellschafters zum Geschäftsführer war nicht wirksam, der Beschluss nichtig.
Wie lädt man unbekannte Erben eines Gesellschafters zur Versammlung?
Wichtig ist, dass alle Gesellschafter:innen zu jeder Gesellschafterversammlung eingeladen werden. Ist ein:e Gesellschafter:in verstorben, sind automatisch die Erb:innen teilnahmeberechtigt und müssen zwingend geladen werden. Unterbleibt eine Ladung, sind die gefassten Beschlüsse unwirksam. Ist die Erbin bzw. der Erbe eines Gesellschafters unbekannt, kann dennoch nicht auf die Ladung verzichtet werden: In diesem Fall muss – auch wenn es zeitaufwendig ist – ein Nachlasspfleger bestellt werden, der das Teilnahmerecht in der dann wirksam einberufenen – und beschlussfähigen! – Gesellschafterversammlung für die Erb:innen ausübt.
Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 2.1.2024 – 7 W 66/23