Dienstleistungen übers Internet: „Auf elektronischem Weg erbracht“ ist hier die Frage

Hintergrund

Um eine korrekte Deklaration der Umsatzsteuer in der EU zu gewährleisten, müssen Unternehmen, die Dienstleistungen über das Internet anbieten, klären, ob ihre Dienstleistungen auf elektronischem Weg erbracht werden oder nicht. Der Bundesfinanzhof hat nun hierzu ein für die Praxis wichtiges Urteil gefällt.

Warum ist das wichtig?

Werden Dienstleistungen gegenüber Nichtunternehmer:innen erbracht, so kann von der Frage, ob diese elektronisch erbracht werden, abhängen, in welchem (Mitglied-)Staat die Leistung besteuert wird. Erfolgt die Erbringung auf elektronischem Weg, so wird die Dienstleistung am Sitz des Kunden besteuert. Ist dies nicht der Fall, kommen andere Ortsbestimmungen in Betracht.

Was bedeutet „auf elektronischem Weg erbracht“?

Vereinfacht gesagt sind dies Dienstleistungen, die über das Internet im Wesentlichen automatisiert angeboten werden, das heißt nur mit minimaler menschlicher Beteiligung. 

Dienstleistung auf elektronischem Weg?

Die Klägerin mit Sitz im Ausland bot Wetten auf die Ziehungen verschiedener terrestrischer (Erst-)Lotterien an (sogenannte Zweitlotterie). Die in Deutschland ansässigen Spieler:innen konnten ihre Tipps u.a. über die Internetseite der Klägerin abgeben. Den Spieler:innen wurde per E-Mail eine Spielquittung übermittelt. Das Ergebnis der Ziehung der Erstlotterie erfasste die Klägerin manuell und ermittelte dann die Gewinner:innen und deren Gewinne sowohl elektronisch als auch manuell. Ergaben sich Abweichungen, wurden diese manuell überprüft. Bei Gewinnen von mehr als 100.000 € wurden die Gewinner:innen manuell identifiziert, vom Kundendienst angerufen und von einem Rechtsanwalt kontaktiert. Strittig war, ob die Klägerin angesichts der manuellen Tätigkeiten ihre Dienstleistungen auf elektronischem Weg erbrachte, sodass diese in Deutschland zu besteuern wären.

Dienstleistung übers Internet vermarktet, aber nicht auf elektronischem Weg erbracht

Der Bundesfinanzhof bestätigt zunächst, dass entscheidend ist, ob die menschliche Beteiligung die eigentliche Leistung betrifft. Manuelle Tätigkeiten, die der Inbetriebnahme oder der Wartung des elektronischen Systems dienen, sind insoweit unbeachtlich; ebenso Leistungselemente, die nur der Vorbereitung und Sicherung der Hauptleistung dienen. Bei einer online durchgeführten Lotterie kommt es den Spieler:innen nicht nur auf das Spielen an, sondern maßgeblich aufs Gewinnen. Ihren Spieleinsatz leisten sie, damit der Gewinn zuverlässig ermittelt und an sie ausgezahlt wird, falls sie gewinnen. Die insoweit von der Lotterie durchgeführten manuellen Tätigkeiten gehen über eine minimale menschliche Betätigung hinaus. Die Leistungen werden damit zwar über das Internet vermarktet, aber nicht auf elektronischem Weg erbracht. Die Besteuerung erfolgt am Sitz der Lotterie und nicht in Deutschland.

Konsequenzen

Unternehmen mit grenzüberschreitenden Dienstleistungen im Internet müssen sorgfältig prüfen, ob sie ihre Leistungen auf elektronischem Weg erbringen. Fehler können teuer werden. Das Urteil zeigt, worauf es ankommt. So ist zu bestimmen, welche Leistung das Unternehmen erbringt, das heißt, worauf es den Kund:innen ankommt. Nur bei dieser Leistung ist zu prüfen, ob sie elektronisch erbracht wird. Hierbei sind auch manuelle Tätigkeiten in die Betrachtung einzubeziehen, die im Hintergrund erfolgen und von denen die Kund:innen nichts mitbekommt. Allerdings wird es in der Praxis unverändert schwierig sein, die eigentliche Leistung von den Leistungen zu unterscheiden, die lediglich der Errichtung, Aufrechterhaltung, Vorbereitung oder Sicherung des elektronischen Systems dienen. So zählt die Überprüfung der Gewinner:innen im vorliegenden Fall zur eigentlichen Leistung, während Tätigkeiten, die der Absicherung gegen Betrug dienen, z.B. im Rahmen einer Online-Partnervermittlung, dagegen zu den vorbereitenden Maßnahmen zählen, die für die Qualifizierung der Leistung als „elektronisch erbracht“ unbeachtlich sind. 

Bundesfinanzhof, Urteil vom 3.8.2022 – XI R 36/19

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