Bundesfinanzhof: Aufzeichnungspflichten bei Ansatz der vom BMF veröffentlichten Pauschbeträge für Sachentnahmen
Keine Pauschbeträge für Non-Food-Artikel?
Der Kläger betrieb Supermarktfilialen. Diese sind dem Gewerbezweig Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel) zuzurechnen.
Neben Nahrungs- und Genussmitteln umfasst das Warensortiment des Klägers auch „Non-Food-Artikel“ wie z.B. Waschmittel, Körperpflegeprodukte, Schreibwaren und Textilien.
Der Kläger entnahm Nahrungs- und Genussmittel sowie Non-Food-Artikel, jedoch keine Tabakwaren. Diese Entnahmen zeichnete er nicht einzeln auf, sondern setzte die vom Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichten Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) für den Gewerbezweig Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel) an.
Nach Ansicht des Finanzamts decken die Pauschbeträge jedoch nur Entnahmen von Nahrungs- und Genussmitteln ab, Non-Food-Artikel dagegen nicht. Es schätzte daher die Entnahme der Non-Food-Artikel und erhöhte so die Einkünfte des Klägers sowie die abzuführende Umsatzsteuer.
Bundesfinanzhof: Hinzuschätzung ist unzulässig
Laut Bundesfinanzhof sind die Veröffentlichungen des BMF zu den Pauschbeträgen in den strittigen Jahren nicht eindeutig. So gibt es Hinweise, die für und gegen eine Beschränkung der Pauschbeträge auf Nahrungs- und Genussmittel sprechen. Maßgebend ist hier jedoch die Sicht des Betroffenen, also des Klägers, und nicht der Finanzverwaltung. Hierbei ist im Zweifel die für den Kläger günstigere Auslegung vorzuziehen.
Entsprechend umfassen die Pauschbeträge in den strittigen Jahren auch Non-Food-Artikel, nicht jedoch Tabakwaren, da diese explizit in den Schreiben ausgeschlossen werden.
Der Kläger hat damit seine ihm obliegenden Aufzeichnungspflichten erfüllt. Eine Hinzuschätzung durch das Finanzamt ist daher unzulässig.
Fazit: Gutes Urteil, Anwendung jedoch zeitlich begrenzt
Das Urteil ist für die Praxis gut, da es überbordende Aufzeichnungspflichten verhindert. Das BMF sieht dies natürlich anders. Vermutlich aufgrund des vorliegenden Verfahrens wurden, erstmalig mit der Veröffentlichung der Pauschbeträge für das Jahr 2023, die Hinweise im Schreiben wie folgt präzisiert: „Die pauschalen Werte berücksichtigen im jeweiligen Gewerbezweig das allgemein übliche Warensortiment für Nahrungsmittel und Getränke. Unentgeltliche Wertabgaben, die weder Nahrungsmittel noch Getränke (z.B. Tabakwaren, Bekleidungsstücke, Elektrogeräte, Sonderposten) sind, müssen einzeln aufgezeichnet werden.“
Als Betroffener können Sie sich damit nur bis einschließlich zum Veranlagungszeitraum 2022 auf das vorliegende Urteil berufen. Ab dem Jahr 2023 sind Einzelaufzeichnungen über die Entnahme von Non-Food-Artikeln zu führen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.9.2024 – III R 28/22