Achtung im Konzern: Der AG-Vorstand darf sich nicht selbst zum Geschäftsführer der Tochter-GmbH bestellen!

Wie funktioniert die Bestellung eines AG-Vorstandsmitglieds zum Geschäftsführer in der 100-prozentigen Tochter-GmbH der AG?

Oftmals sind in Konzernen die Vorstandsmitglieder der Konzernmutter-Aktiengesellschaft (AG) gleichzeitig auch die Geschäftsführer in diversen Tochter-GmbHs. Bei deren Bestellung zu Geschäftsführern ist zukünftig dreifach Vorsicht geboten: Der Vorstand einer AG kann sich nicht ohne Weiteres selbst zum Geschäftsführer einer reinen Tochter-GmbH bestellen, weil er dabei in seiner Vertretungsmacht beschränkt ist. Das entschied kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH) und stellte dabei klar, dass dies auch bei Zwischenschaltung eines Bevollmächtigten gilt. Die Bestellung des AG-Vorstands zum Geschäftsführer der Tochter-GmbH muss zudem (wenn Personen handeln, die in ihrer Vertretungsmacht beschränkt sind) genehmigt werden und zwar nicht – wie man meinen könnte – vom Aufsichtsrat der AG, sondern von anderen Vorstandsmitglieder ohne Interessenkonflikt.

Die Einschaltung eines bevollmächtigten Dritten zur Geschäftsführerbestellung ist keine Lösung

Die drei Vorstandsmitglieder einer AG, die dort jeweils entweder gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder mit einem Prokuristen vertretungsberechtigt waren, sollten in einer neu zu gründenden 100-prozentigen Tochter-GmbH die Geschäftsführung übernehmen. Zwei der AG-Vorstände bevollmächtigten einen Rechtsanwalt, der im Rahmen der GmbH-Gründung sodann die Geschäftsführerbestellung der drei Vorstandsmitglieder vornahm. Im Anmeldeverfahren der GmbH zum Handelsregister staunte man allerdings nicht schlecht, denn der gewählte Weg war offenbar nicht der richtige: Das Registergericht lehnte die Eintragung der GmbH mit der Begründung ab, die Geschäftsführerbestellung sei mangelhaft. Das wollten die Gründer nicht hinnehmen und zogen bis vor den BGH. 

Mangelhafte Bestellung musste genehmigt werden – aber von wem?

Dort sahen die Richter in der Geschäftsführerbestellung ein sogenanntes verbotenes Insichgeschäft gemäß § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach dieser Vorschrift kann ein Vertreter zur Vermeidung von Interessenkonflikten grundsätzlich keine Insichgeschäfte tätigen. Das bedeutet, dass er ohne Einverständnis des Vertretenen keine Rechtsgeschäfte für den Vertretenen mit sich selbst vornehmen darf. Tut er dies doch, ist das von ihm getätigte Rechtsgeschäfte schwebend unwirksam und bedarf der Genehmigung des Vertretenen. Genau dies war hier geschehen, denn die betreffenden AG-Vorstandsmitglieder handelten auf der einen Seite im Namen der AG als Gesellschafterin der Tochter-GmbH und auf der anderen Seite in eigenem Namen. Die vom Registergericht ursprünglich noch verlangte Genehmigung der Geschäftsführerbestellung durch den Aufsichtsrat der AG bestätigte der BGH allerdings nicht. Die Richter meinten, die Zuständigkeit liege stattdessen beim Vorstand, und zwar bei jedem vertretungsberechtigten und nicht durch § 181 BGB beschränkten Vorstandsmitglied. Hier habe deshalb das dritte Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen die Genehmigung erteilen dürfen, denn er war nicht beschränkt, weil er weder an der Bevollmächtigung des Rechtsanwalts noch an seiner eigenen Bestellung beteiligt war. Die Genehmigung wäre auch ungeachtet der Tatsache, dass seine eigene Bestellung wiederum von der Genehmigung durch die beiden andere Vorstandsmitglieder abhing, wirksam gewesen. 

Was muss in Zukunft beachtet werden?

Höchstrichterlich geklärt ist nun die lange umstrittene Frage, ob sich das Vorstandsmitglied einer AG selbst zum Geschäftsführer von deren 100-prozentigen Tochter-GmbH bestellen kann. Die Antwort ist „nein“, es handelt sich um ein verbotenes Insichgeschäft. Zu beachten ist darüber hinaus, dass auch der früher zur Vermeidung von Insichgeschäften gern gewählte Umweg über bevollmächtigte Dritte, die die Geschäftsführerbestellung vornehmen, nicht mehr funktioniert. Will also der Vorstand einer Mutter-AG eigene Mitglieder zu Geschäftsführer einer Tochter-GmbH bestellen, sollten möglichst auf beiden Seiten unterschiedliche Personen handeln. Ist das nicht machbar, etwa weil alle Vorstände der AG auch Geschäftsführer der GmbH werden sollen, kann der AG-Aufsichtsrat den Handelnden im Vorfeld Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts erteilen. 

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.1.2023, II ZB 6/22

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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Tim Löhrer, LL.M.

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Stefanie Jobs

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