AG-Vorstand kann Schadensersatz mit hypothetischer Zustimmung des Aufsichtsrats abwenden
Kernaussage
Der Vorstand kann gegenüber einer Schadensersatzklage der Aktiengesellschaft, die mit dem Verstoß gegen einen zugunsten des Aufsichtsrats eingerichteten Zustimmungsvorbehalt begründet ist, einwenden, der Aufsichtsrat hätte den von ihm durchgeführten Maßnahmen zugestimmt, wenn er ihn gefragt hätte. Dies entschied der Bundesgerichtshof in einem aktuell veröffentlichten Urteil und hält damit an seiner Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Zustimmung des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft fest.
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Fall wurde ein Vorstandsmitglied von der eigenen Aktiengesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil es ein vom Aufsichtsrat zunächst bewilligtes Grundstücksbau- und Sanierungsprojekt wegen grundlegend veränderter Umstände nicht ausgesetzt und eine erneute Entscheidung des Aufsichtsrats nicht eingeholt hatte. Das Vorstandsmitglied hatte sich vor dem erneuten Vertragsabschluss lediglich mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden besprochen, der zugleich Vertreter des Alleinaktionärs war. Während die Vorinstanzen der Klage stattgaben, hob der Bundesgerichtshof die Urteile – soweit zum Nachteil des beklagten Vorstandsmitglieds entschieden wurde – auf und nahm zu den Einwänden des Rechtsmissbrauchs und des rechtmäßigen Alternativverhaltens im Rahmen der Vorstandshaftung Stellung.
Entscheidung
Der Vorstand hat gegen die ihm gesetzlich obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen, denn er hätte vor der weiteren Durchführung des Projekts um erneute Zustimmung des Aufsichtsrats nachsuchen müssen. Diese Zustimmung konnte auch nicht durch eine nachträgliche (konkludente) Genehmigung ersetzt werden. Zustimmungsvorbehalte dienten der vorbeugenden Kontrolle des Aufsichtsrats, so die Richter, um Maßnahmen des Vorstands, die möglicherweise nicht mehr rückgängig gemacht werden können, von vornherein zu unterbinden. Auch konnte die Zustimmung nur durch ausdrücklichen Beschluss des Aufsichtsrats erteilt und nicht durch eine Entscheidung des Aufsichtsratsvorsitzenden ersetzt werden. Ferner konnte auch die Einwilligung des Alleinaktionärs in das haftungsbegründende Geschäft nicht dazu führen, dass die Geltendmachung der Ersatzpflicht durch die Aktiengesellschaft rechtsmissbräuchlich wurde.
Konsequenz
Nach Ansicht der Richter ist ein Ersatzanspruch der Aktiengesellschaft grundsätzlich gegeben; er kann aber durch den vom Vorstandsmitglied zu erbringenden sicheren Nachweis, dass der Schaden auf jeden Fall eingetreten wäre, abgewendet werden. Darüber muss die Vorinstanz nun noch Beweis erheben.