Das „abgespeckte“ Wachstumschancengesetz
Ziel: Den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken
Am 22.3.2024 hat der Bundesrat der vom Vermittlungsausschuss überarbeiteten Version des Wachstumschancengesetzes zugestimmt. Auch wenn die steuerlichen Entlastungen mit ca. 3,2 Mrd. € deutlich geringer ausfallen als im ursprünglichen Regierungsentwurf, ist nun der Weg frei für eine Vielzahl von gesetzlichen Neuerungen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschlands stärken sollen. Im Fokus stehen vor allem die Anhebung von Schwellenwerten sowie Pauschalen, die insbesondere kleine und mittelgroße Betriebe von Bürokratie entlasten sollen.
Gesetzesänderungen und Neuregelungen im Überblick
Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über die wesentlichen Gesetzesänderungen und Neuerungen, die sich durch das Wachstumschancengesetz ergeben.
Förderung von Elektromobilität
Zur Förderung einer nachhaltigen Mobilität wurde die Grenze des Bruttolistenpreises für die Anwendung der begünstigten Besteuerung der privaten Nutzung von betrieblichen Kraftfahrzeugen angehoben. Nun profitieren Fahrer:innen eines Elektrofahrzeugs, das nach dem 31.12.2023 angeschafft wurde, mit einem Bruttolistenpreis bis 70.000 € (statt bis 60.000 €).
Degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
Mit dem Wachstumschancengesetz kommt die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Entsprechend kann die degressive Abschreibungsmethode für Wirtschaftsgüter gewählt werden, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2023 oder nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind. Allerdings darf die degressive Abschreibung das Zweifache des linearen Abschreibungssatzes nicht übersteigen und ist nur noch in Höhe von 20 % und nicht wie bisher in Höhe von 25 % des jeweiligen Buchwerts möglich. Diese Maßnahme ist besonders für kapitalintensive Branchen von Bedeutung, da sie die Möglichkeit bietet, Investitionen steuerlich schneller abzusetzen, was das Wachstum und die Investitionsbereitschaft fördern sollen.
Degressive Abschreibung für Wohngebäude und Sonderabschreibung für Mietwohnungsbau
Für Wohngebäude wird eine degressive Abschreibung in Höhe von 5 % ermöglicht. Voraussetzung ist, dass mit der Herstellung des Wohngebäudes nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird. Im Fall der Anschaffung ist die degressive Abschreibung nur dann möglich, wenn der Kaufvertrag nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wird.
Darüber hinaus können Sonderabschreibungen für Mietwohnungsneubauten in Anspruch genommen werden, wenn durch die Baumaßnahmen neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 5.200 € (bisher 4.800 €) je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen.
Die Neuregelungen der Abschreibungsmodelle, insbesondere im Hinblick auf Wohngebäude, sollen ein klares Signal an Investoren und Bauherren setzen, sich verstärkt im Wohnungsbau zu engagieren.
Erweiterter Verlustvortrag
Bisher waren Verlustvorträge, die den Sockelbetrag von 1 Mio. € bzw. 2 Mio. € bei Ehegatten überstiegen haben, auf 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte beschränkt. Bis zum Veranlagungszeitraum 2027 einschließlich wird die Höhe des Verlustvortrags auf 70 % des Gesamtbetrags der Einkünfte angehoben.
Rentenbesteuerung
Ab dem Jahr 2023 wird der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Demzufolge beträgt der Besteuerungsanteil für diejenigen, deren Renteneintritt im Jahr 2023 liegt, bei 82,5 % statt 83 %. Somit werden erst die Renten derjenigen in Höhe von 100 % besteuert, deren Renteneintritt im Jahr 2058 liegt.
Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben ab dem Veranlagungszeitraum 2024 bis zu einem Gesamtgewinn im Kalenderjahr bis zu 1.000 € steuerfrei. Bisher lag die Freigrenze bei 600 €.
Erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 GewStG für Grundstücksunternehmen
Um den Ausbau der Solarstromerzeugung sowie den Betrieb von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge zu fördern, steigt bei der erweiterten Kürzung im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b Gewerbesteuergesetz (GewStG) die Unschädlichkeitsgrenze von 10 % auf 20 % der Einnahmen aus der Grundstücksüberlassung.
Wichtig: Einführung der E-Rechnung
Zum 1.1.2025 wird die E-Rechnung verpflichtend eingeführt. Nur Rechnungen, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden können und die den Vorgaben der Richtlinie 2014/55/EU entsprechen, gelten als E-Rechnung. Während das Gesetz für den Versand von E-Rechnungen Übergangsregelungen von zwei bzw. drei Jahren vorsieht, muss ab dem 1.1.2025 jedes Unternehmen in der Lage sein, E-Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können.
Von der Einführung der E-Rechnung zum 1.1.2025 sind zunächst inländische Unternehmer:innen betroffen, die Lieferungen oder sonstige Leistungen an andere inländische Unternehmer:innen für deren Unternehmen erbringen (B2B).
Erleichterungen bei der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen
Unternehmer:innen sollen von der Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen und Entrichtungen der Vorauszahlung befreit werden, wenn die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 € betragen hat. Bisher lag die Grenze bei 1.000 €.
Umsatzsteuerliche Kleinunternehmer:innen werden von der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung entbunden. Unberührt bleibt jedoch die Verpflichtung zur Abgabe bei Vorliegen bestimmter Umsätze wie beispielsweise innergemeinschaftlicher Erwerbe.
Weitere Details zu den Änderungen in der Umsatzsteuer finden Sie hier.
Anwendung der Istbesteuerung
Die Umsatzgrenze für die Möglichkeit der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten wird ab dem Besteuerungszeitraum 2024 von 600.000 € auf 800.000 € angehoben.
Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung
Die Voraussetzungen für den Erhalt einer Forschungszulage wurden angepasst, sodass diese deutlich attraktiver insbesondere für Einzel- und Mitunternehmer:innen wird. Während bisher nur Personalkosten gefördert wurden, wird die Forschungszulage für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, auch auf im begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben genutzte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ausgeweitet.
Darüber hinaus können auch bei in Auftrag gegebenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben 70 % statt bisher 60 % der Kosten, die der Auftraggeber für den Auftrag aufwendet, als förderfähige Aufwendungen berücksichtigt werden.
Nicht umgesetzte Maßnahmen (Auswahl)
- Freigrenze in Höhe von 1.000 € für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung;
- Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 €; Erweiterung der Anwendung des Sammelpostens;
- Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand;
- Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf 150 €;
- Anhebung des Fördersatzes für die steuerliche Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen.
Hier finden Sie Ausführungen zur Neuregelung der Konzernfinanzierung.