Achtung bei Beschlüssen über die Zwangsabtretung von GmbH-Geschäftsanteilen

Kernaussage

Bei streitigen Meinungsverschiedenheiten zwischen GmbH-Gesellschaftern kommt es nicht selten am Ende zu einem Ausschluss eines der Mitgesellschafter. Regelt der GmbH-Gesellschaftsvertrag neben der Einziehung auch eine Zwangsabtretung von Geschäftsanteilen, bedeutet dies meist nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des ausgeschlossenen Gesellschafters zur Abtretung seines Anteils; die tatsächliche Übertragung seiner Beteiligung bedarf seiner aktiven Mitwirkung. In diesem Zusammenhang hat das Oberlandesgericht München im Jahr 2021 zu den in GmbH-Gesellschaftsverträgen typischerweise verwendeten Klauseln, mit deren Hilfe Geschäftsanteile eingezogen oder an Dritte abgetreten werden können, Stellung bezogen.

Sachverhalt

Nachdem ein GmbH-Gesellschafter seine privaten Schulden vom Geschäftskonto der GmbH beglichen hatte, beschlossen die Mitgesellschafter seinen Ausschluss aus der Gesellschaft und vereinbarten anstelle der Einziehung die Abtretung seiner Geschäftsanteile auf einen anderen Gesellschafter. Dies war laut gesellschaftsvertraglicher Regelung zulässig, denn hier war bestimmt, dass „die Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes entweder die Einziehung von Geschäftsanteilen ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters beschließen oder die Abtretung der Geschäftsanteile auf die Gesellschaft, einen oder mehrere Gesellschafter oder einen oder mehrere Dritte gegen Übernahme der Abfindungslast durch den Erwerber verlangen“ konnten. Später reichte der Notar eine entsprechend geänderte Gesellschafterliste beim Handelsregister ein. Hiergegen wandte sich der ausgeschlossene Gesellschafter und begehrte einstweiligen Rechtsschutz. Er war der Meinung, die Gesellschafterliste sei unrichtig und er immer noch Gesellschafter, weil er seinen Geschäftsanteil noch nicht übertragen habe. Die Abtretung seines Anteils sei ohne seine Mitwirkung nicht wirksam. Das schließlich angerufene Oberlandesgericht München teilte diese Ansicht im Ergebnis nicht.

Entscheidung

Die Richter:innen betonten, dass die neue Gesellschafterliste zwar tatsächlich unrichtig sei, der ausgeschlossene Gesellschafter indes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben keinen Korrekturanspruch habe. Sie entschieden weiter, dass der Beschluss keine wirksame dingliche Abtretung ausgelöst habe, weil es dazu der Mitwirkung des ausgeschlossenen Gesellschafters bedurft hätte. Der Beschluss begründete lediglich die schuldrechtliche Verpflichtung des Ausgeschlossenen zur Abtretung seines Geschäftsanteils, denn der Gesellschaftsvertrag regelte gerade nicht die Ermächtigung z.B. der Gesellschaft selbst, die Abtretung anstelle des betroffenen Gesellschafters erklären zu dürfen. Trotz alledem sei die Gesellschafterliste nicht zu korrigieren, denn der treuwidrig handelnde Gesellschafter sei zu Recht aus der GmbH ausgeschlossen worden und daher verpflichtet, bei der Abtretung seines Gesellschaftsanteils mitzuwirken.

Konsequenz

Was tun, wenn Abtretungsklauseln in Gesellschaftsverträgen nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des betroffenen Gesellschafters begründen und dieser nicht an der Abtretung mitwirken will? In diesen Fällen lässt sich die gesellschaftsvertragliche Verpflichtung mittels einer Klage auf Abgabe einer Abtretungserklärung erzwingen, kostet aber Zeit und Geld. Alternativ kann die Zwangsabtretung auch verschärft im Gesellschaftsvertrag geregelt werden, indem die GmbH ermächtigt wird, die Abtretungserklärung im Namen des betroffenen Gesellschafters zu erklären. Vor diesem Hintergrund sollten bestehende Einziehungs- und Zwangsabtretungsregeln in Gesellschaftsverträgen daraufhin überprüft werden, ob sie das wirklich Gewollte wiedergeben.

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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