Was beim Onlineshop umsatzsteuerlich zu beachten ist

 

Besonders im Onlinehandel ist zu beobachten, dass viele Unternehmer:innen klein anfangen, ihr Fokus allein auf den Vertrieb ausgerichtet ist und umsatzsteuerliche Themen in den Hintergrund rücken. Nicht selten endet dies mit der ersten Prüfung durch in- oder ausländische Finanzverwaltungen, durch die das mühsam aufgebaute Unternehmen ins Wanken gerät. Dies lässt sich verhindern, indem die Unternehmer:innen ein paar wichtige Grundregeln zur umsatzsteuerlichen Erfassung der Warenlieferungen ins EU-Ausland befolgen. 

An wen wird die Ware geliefert?

Die Umsatzbesteuerung von Lieferungen ins EU-Ausland ist abhängig vom Status des Kunden: Ist er Unternehmer, der die Ware für sein Unternehmen bezieht (B2B), oder ist er Privatkunde (B2C)? 

Lieferungen ins EU-Ausland an B2B-Kunden sind in Deutschland steuerbar. Sie sind hingegen steuerfrei, wenn der Händler die erforderlichen Nachweise erbringt (z.B. Gelangensnachweis, Prüfung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer [USt-IdNr.]). 

Bei B2C-Lieferungen ins EU-Ausland sind die folgenden Fälle zu unterscheiden:

  • Holt der Kunde die Ware ab, ist der Umsatz im Inland steuerbar und steuerpflichtig.
  • Versendet der Händler an den Kunden (Fernverkauf), so hängt die Umsatzbesteuerung vom Überschreiten der „Umsatzschwelle“ ab. Überschreitet er die Umsatzschwelle im Vorjahr bzw. im laufenden Jahr, sind die entsprechenden Umsätze im EU-Ausland steuerbar und steuerpflichtig. Wird die Umsatzschwelle unterschritten, erfolgt die Besteuerung im Inland, sofern der Händler nicht auf die Anwendung der Umsatzschwelle verzichtet hat.

Was gilt es hinsichtlich Umsatzschwellen und Transport zu beachten?

Seit dem 1.7.2021 beträgt die Umsatzschwelle 10.000 €. Um sie zu ermitteln, werden alle B2C-Lieferungen in die EU-Mitgliedstaaten summiert, zuzüglich aller TRE-Dienstleistungen an B2C-Kund:innen mit (Wohn-)Sitz im EU-Ausland. TRE steht für Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernseh- sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen. Ist der Umsatz im EU-Ausland steuerbar, hat dies u.a. zur Folge, dass er den dort gültigen Steuersätzen unterliegt und die Umsatzsteuer in den betroffenen Mitgliedstaaten zu deklarieren ist.

Seit dem 1.7.2021 ist es möglich, diese Umsätze im Inland über ein Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) mithilfe des OSS-Verfahrens (One-Stop-Shop) zu deklarieren und dort auch die Umsatzsteuer abzuführen. Dies erspart die aufwendige Registrierung und Deklaration im jeweiligen Mitgliedstaat. Letztgenanntes Vorgehen – Registrierung und Deklaration im EU-Ausland – ist weiterhin möglich, schließt dann jedoch die Nutzung des OSS-Verfahrens generell aus. 

Zusätzliche Besonderheiten ergeben sich, wenn die Auslieferung über Lager im EU-Ausland erfolgt, seien es eigene oder Lager Dritter, z.B. die Teilnahme am Amazon-FBA-Programm.
Der Transport der Ware in ein Lager im EU-Ausland wird umsatzsteuerlich – vereinfacht – wie eine Lieferung an das eigene Unternehmen behandelt. Der Händler muss im Inland ein steuerfreies Verbringen deklarieren und im EU-Mitgliedstaat, in dem sich das Lager befindet, einen innergemeinschaftlichen Erwerb – nach erfolgreicher Registrierung. Wird die Ware anschließend an Kunden in diesem Land ausgeliefert, handelt es sich um eine steuerbare Inlandslieferung, die in dem Mitgliedstaat zu deklarieren ist und nicht über das OSS-Verfahren. 

Tipps für Onlinehändler:innen

Unbestritten ist, dass beim Aufbau eines Onlinehandels die Fragen des Vertriebs sehr wichtig sind. Genauso wichtig aber ist es, vorab die Verkaufsstrategie festzulegen und dabei die umsatzsteuerlichen Konsequenzen mitzubedenken. Der Händler muss sich z.B. fragen, ob er 

  • ins EU-Ausland liefern will, 
  • den Kundenkreis z.B. auf Unternehmer:innen begrenzen will, 
  • auf die Anwendung der Umsatzschwelle verzichten will, 
  • Lagerstrukturen im EU-Ausland nutzen will, 
  • über Portale Dritter, z.B. Amazon, verkaufen will und in welcher Form diese genutzt werden sollen (Werbeplattform, Amazon-FBA-Programm) etc. 

All dies beeinflusst die Umsatzbesteuerung, den Umfang und Aufwand der erforderlichen Maßnahmen, um die zutreffende Deklaration sicherzustellen, und die hiermit verbundenen Risiken. 

Im Onlineshop ist schon beim Anlegen der Kundendatei zu klären, ob die Kund:innen Unternehmer:innen sind oder nicht, indem z.B. die USt-IdNr. auf jeden Fall angefordert und qualifiziert überprüft wird. Damit schafft man die Grundlage dafür, die Umsätze der B2B- bzw. B2C-Kund:innen getrennt voneinander zu erfassen, und zugleich die Voraussetzungen dafür, die Nachweispflichten zu erfüllen und die Umsatzschwelle korrekt zu bestimmen.

B2B-Kunden sollten nur nach qualifizierter Prüfung der USt-IdNr. beliefert werden. Auch ist es unerlässlich, die Gelangensnachweise (z.B. Gelangensbestätigung) als Voraussetzung für die Steuerfreiheit einzuholen.

Bei Belieferung von B2C-Kund:innen muss das Überschreiten der Umsatzschwelle überwacht werden. Dies erfordert eine adäquate Erfassung im ERP-System. Alternativ hierzu bietet es sich an, von vornherein auf die Anwendung der Umsatzschwelle zu verzichten.

Weitergehende Pflichten bei Fernverkäufen

Bei Fernverkäufen muss der zutreffende Steuersatz im EU-Ausland bestimmt werden. Dies ist nicht nur Voraussetzung für die zutreffende Deklaration der Umsatzsteuer, sondern auch wichtig für die Preiskalkulation und die Angaben im Onlineshop. Hier ist zu prüfen, ob sich der Steuersatz mithilfe geeigneter Softwarelösungen automatisiert ermitteln lässt.

Es ist zu empfehlen, Fernverkäufe über das OSS-Verfahren zu deklarieren. Stellen Sie sicher, dass die Registrierung im Portal rechtzeitig erfolgt und auch die Umsatzsteuer fristgerecht deklariert und gezahlt wird – ohne Bankeinzug!

Geschieht dies nicht, droht der Ausschluss aus dem OSS-Verfahren mit der Folge aufwendiger Registrierungen und Deklarationen in allen belieferten Mitgliedstaaten.

Die Nutzung des OSS-Verfahrens für Fernverkäufe ist unabhängig von der Nutzung von Lagern im EU-Ausland. Allerdings muss das Verbringen der Ware in die Lager und die anschließenden Inlandslieferungen im jeweiligen Mitgliedstaat deklariert werden, da das OSS-Verfahren hierfür nicht zur Verfügung steht. Unternehmer:innen, die solche Lager nutzen oder z.B. am Amazon-FBA-Programm teilnehmen, können daher nicht alle Vorteile des OSS-Verfahrens nutzen, wie den Verzicht auf die aufwendige Deklaration im EU-Ausland. Dies ist bei der Festlegung der Vertriebsstrategie zu berücksichtigen.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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Oliver Lohmar, LL.M.

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