Wann können Arbeitgeber ihren Betriebsrat auflösen (lassen)?

Auflösung des Betriebsrats oder Ausschluss einzelner Betriebsratsmitglieder 

Grundsätzlich zu unterscheiden ist die Auflösung des gesamten Betriebsrats vom Ausschluss einzelner Mitglieder aus dem Betriebsrat. Beiden Konstellationen ist gemein, dass sie durch eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung begründet sein müssen. Diese muss von einem solchen Gewicht sein, dass sie das Vertrauen in eine künftig ordnungsgemäße Amtsführung zerstört oder zumindest schwer erschüttert. Der Bezugspunkt kann dabei entweder ein einzelnes Betriebsratsmitglied oder der gesamte Betriebsrat sein.

Wann kann eine Auflösung des Betriebsrats in Betracht kommen? 

Eine Auflösung des Betriebsrats kommt nur dann in Betracht, wenn dieser als Gremium seine gesetzlichen Pflichten grob verletzt. Praktische Beispiele für grobe Pflichtverletzungen können sein:

  • die wiederholte Nichteinberufung von Pflichtversammlungen,
  • schwere Verstöße gegen den Nichtöffentlichkeitsgrundsatz von Betriebsratssitzungen,
  • die Nichtbestellung des Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrats,
  • das Treffen von Vereinbarungen und Beschlüssen, die eindeutig gesetzes- oder tarifwidrig sind,
  • ggf. grobe Datenschutzverstöße oder
  • die Verweigerung der Zusammenarbeit mit dem zuständigen Personalleiter oder gar Geschäftsführer. 

Ob die Pflichtverletzung für eine Auflösung ausreicht, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls, so dass u.a. auch die betrieblichen Gegebenheiten und der Anlass der Pflichtverletzung zu berücksichtigen sind. Befindet sich ein Betriebsrat aufgrund des Betriebsuntergangs bereits im Restmandat, ist eine Auflösung (anders als der Ausschluss einzelner Mitglieder) grundsätzlich nicht mehr möglich. Wichtig zu wissen: Die Pflichtverletzung muss vom Betriebsrat als Gremium begangen worden sein. Gleichzeitige, aber nur einzelnen Betriebsräten zuzurechnende Pflichtverletzungen berechtigen nicht zur Auflösung, sondern allenfalls zum Ausschluss einzelner Mitglieder. 

Wann kommt ein Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds in Betracht? 

Ein solcher Ausschluss des einzelnen Betriebsratsmitglieds ist dann möglich, wenn das auszuschließende Mitglied durch ein ihm zurechenbares Verhalten die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats ernstlich bedroht oder behindert hat und in Zukunft die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats durch ihn bedroht werden. Die weitere Amtsausübung muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls untragbar erscheinen. In aller Regel muss das Verhalten schuldhaft sein; ein einmaliger Verstoß kann nur im Ausnahmefall ausreichen, nämlich wenn er offensichtlich und besonders schwerwiegend ist. Leichtere Pflichtverstöße können abgemahnt werden, wiederholte leichtere Verstöße können in gewissen Fällen ebenfalls einen Ausschluss rechtfertigen. Letztlich gelten also vergleichbare Überlegungen wie im Kündigungsschutz, allerdings mit strengem Prüfungsmaßstab. Praktische Beispiele für grobe Pflichtverletzungen können sein: der wiederholte Verstoß gegen das Verbot der parteipolitischen Betätigung im Betrieb, Tätlichkeiten gegenüber anderen Mitgliedern oder die grundsätzliche Weigerung zur Zusammenarbeit mit anderen Betriebsräten sowie Verstöße gegen gesetzliche Schweigepflichten. 

Wie erreichen Arbeitgeber:innen die Auflösung und was ist das Ergebnis? 

Eine Auflösung des Betriebsrats kann ausschließlich durch Beschluss des Arbeitsgerichtes erfolgen. Eine Entscheidung im Eilrechtsschutz, der dem Betriebsrat seine Arbeitszeit bis zum Beschluss untersagt, ist nicht möglich. Sobald ein gerichtlicher Auflösungsbeschluss rechtskräftig wird, ist der Betriebsrat mit sofortiger Wirkung aufgelöst; eine Übergangszeit ist nicht vorgesehen. Der Beschluss erfasst auch etwaige Ersatzmitglieder sowie den Verlust von Ämtern in Gesamt- und Konzernbetriebsräten sowie einen ggf. bestehenden Wirtschaftsausschuss. Anschließend sind Neuwahlen durch die Bestellung von Wahlvorständen (nicht durch den aufgelösten Betriebsrat selbst) einzuleiten. Eine Wiederwahl von zuvor von der Auflösung betroffenen Betriebsräten ist möglich. 

Der Ausschluss einzelner Mitglieder erfolgt ebenfalls durch arbeitsgerichtlichen Beschluss. Hier ist – anders als bei der Auflösung des gesamten Gremiums – eine vorläufige Entscheidung im Eilverfahren in einigen Fällen möglich. Ergeht ein Beschluss über den Ausschluss, erlischt die Mitgliedschaft im Betriebsrat. Für eine ggf. anfallende Neuwahl kann der Betriebsrat als Wahlbewerber wieder zur Verfügung stehen; der vorherige Ausschluss ist diesbezüglich nicht relevant. 

Gerade wenn erfolgreich ausgeschlossene Betriebsratsmitglieder zur Wiederwahl antreten, sind Arbeitgeber:innen daran zu erinnern, dass sie die Betriebsratswahl nicht behindern und das Wahlrecht auch anderweitig nicht beschränken dürfen. Dies könnte als Straftat verfolgt werden.

Unsere Einordnung 

Der Ausschluss von einzelnen Betriebsratsmitgliedern oder die Auflösung des Betriebsrats kommt in der Praxis eher selten vor und muss sehr hohe Hürden nehmen. Wenn eine derartige Maßnahme aus Unternehmenssicht erforderlich erscheint, müssen der konkrete Einzelfall genau geprüft und der entsprechende Antrag beim Arbeitsgericht sorgfältig vorbereitet werden. Insbesondere da Neuwahlen mit gleicher oder ähnlicher personeller Besetzung möglich sind, sind auch strategische Überlegungen einzubeziehen. Womöglich wird ein Auflösungs- oder Ausschlussantrag die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat noch mehr belasten. Bisweilen können intensive Gespräche mit dem Gremium wie mit einzelnen Mitarbeitern bessere Ergebnisse erzielen. Letztlich werden Arbeitgeber:innen den Schritt vor das Arbeitsgericht nur dann wagen, wenn sie nicht nur überzeugt sind, im Verfahren Erfolg zu haben, sondern auch sonst im unternehmerischen Interesse zu handeln. In jedem Fall sollte ein solches Verfahren fachkundig geführt werden. Wir beraten und begleiten Sie gern zu diesem Thema. 

 

Blogserie „Mitbestimmung im Mittelstand“ 

Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Jana Prasse

Rechtsanwältin / Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Giulia Alatzides

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Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

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