Einführung von ChatGPT in Unternehmen mit Betriebsrat
Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg nicht für alle Unternehmen relevant
Die Nutzung von ChatGPT in Betrieben wird oftmals unter Compliance-Aspekten diskutiert, in Unternehmen mit Betriebsrat stehen in diesem Zusammenhang auch Fragen der Mitbestimmung im Mittelpunkt. Datenschutz, Überwachung der Arbeitnehmer:innen oder gar psychische Belastungen – Befürchtungen, die Betriebsräte für Verbotsforderungen gegenüber Arbeitgebern anführen können. Doch müssen Arbeitgeber bei der Nutzung von ChatGPT den Betriebsrat beteiligen? Das Arbeitsgericht Hamburg hat hierzu in einem aktuellen Beschluss entschieden. Warum diese Entscheidung zwar beachtenswert, aber nicht für alle Unternehmen relevant ist, lesen Sie hier.
Keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats?
Das Arbeitsgericht Hamburg hat im konkreten Fall entschieden, dass dem Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 1, 6 und 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hinsichtlich der Nutzung von ChatGPT und anderer KI-Systeme zustehen. Wichtig: Die betroffenen Arbeitnehmer:innen durften ausschließlich selbst angelegte Accounts nutzen – hierzu gleich mehr. Auslöser des Verfahrens war der Antrag des Konzernbetriebsrats dahingehend, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer:innen untersagen müsse, ChatGPT und vergleichbare Programme bei der Arbeit zu nutzen. Nach Auffassung des Betriebsrats sind Mitbestimmungsrechte betroffen, da es sich hier u.a. um eine Frage der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer:innen sowie deren Überwachung mittels technischer Einrichtungen handele.
Die Entscheidung: KI-Systeme sind Arbeitsmittel und fallen unter Direktionsrecht
Das Arbeitsgericht Hamburg sah dies anders: Mitbestimmungsrechte seien nicht betroffen, da die entsprechenden KI-Systeme Arbeitsmittel darstellen, die nicht das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer:innen bestimmen. Die Frage, wie Arbeit im Betrieb erledigt werde, falle nicht unter das Mitbestimmungsrecht, sondern unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dieser könne mittels des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts die Art und Weise der Arbeitserbringung bestimmen.
Auch widersprach das Gericht der Auffassung, ChatGPT falle unter den Begriff der technischen Einrichtung im Sinne des § 87 BetrVG. Die vom Betriebsrat angeführte Erhebung und Speicherung von Arbeitnehmerdaten sei vorliegend nicht relevant, da es sich um Accounts handele, die die Arbeitnehmer:innen selbst angelegt hätten. Sofern Daten gespeichert und verarbeitet würden, geschehe dies durch den Betreiber von ChatGPT, nicht durch den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber habe dementsprechend keinen Zugriff auf den Account und könne daher auch nicht nachvollziehen, wie und in welchem Umfang ChatGPT genutzt werde. Eine Überwachung der Mitarbeiter:innen könne daher trotz arbeitnehmerseitiger Pflicht, die Nutzung von KI-Systemen offenzulegen, nicht stattfinden. Dementsprechend bestünde auch kein Mitbestimmungstatbestand.
Zu der Annahme von Gefahren für die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer:innen, die der Betriebsrat zur Begründung des Mitbestimmungsrechts ebenfalls angeführt hatte, war nach Ansicht des Gerichts nicht konkret genug vorgetragen worden.
Die Anträge des Betriebsrats wurden dementsprechend zurückgewiesen.
Unsere Einordnung
Unternehmen können der Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg bereits einige erste Anhaltspunkte für die unternehmensinterne Nutzung von KI-Anbietern entnehmen. Insbesondere ist der Entscheidung schlüssig zu entnehmen, dass Arbeitgeber den Betriebsrat jedenfalls bei Verboten zur Nutzung von ChatGPT nicht beteiligen müssen. Bei der Einführung und Nutzung von ChatGPT ist dagegen zu differenzieren. Das Arbeitsgericht Hamburg hat hier einen Einzelfall entschieden, in dem Arbeitnehmer:innen selbst angelegte Accounts bei einem externen Anbieter wie ChatGPT genutzt haben. Mitbestimmungsrechte sind bei unternehmensinterner KI oder der Nutzung von Unternehmensaccounts bei KI-Anbietern, also einer Nutzung, bei der Arbeitgeber Zugriff auf Accounts und/oder die entsprechenden Daten haben, sehr wohl denkbar. Insbesondere Aspekte der Verhaltens- und Leistungskontrolle dürften hier in der Regel zu Mitbestimmungsrechten führen. Die Einführung und Nutzung von künstlicher Intelligenz in Unternehmen ist dementsprechend im Einzelfall zu prüfen und gegebenenfalls mit dem Betriebsrat abzustimmen. Wir beraten und begleiten Sie gern zu diesem Thema.
Arbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 16.1.2024 – Az. 24 BVGa 1/24
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