Voraussetzungen einer Berichtigung bei unrichtigem Steuerausweis
Hintergrund
Hat ein Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Umsatzsteuerbetrag gesondert ausgewiesen, als er dem Gesetz nach schuldet, so schuldet er auch den Mehrbetrag (unrichtiger Steuerausweis). Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist die Regelung zur Änderung der Bemessungsgrundlage entsprechend anzuwenden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung setzt die Rechnungsberichtigung und die damit verbundene Erstattung des Mehrbetrags durch das Finanzamt auch die vorherige Rückzahlung dieses Mehrbetrags durch den leistenden Unternehmer an den Leistungsempfänger voraus. Der Bundesfinanzhof hat diese Auffassung kürzlich bestätigt.
Sachverhalt
Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks, welches sie an eine Kommanditgesellschaft (KG) verpachtete, die dort eine Pflegeeinrichtung betrieb. Neben dem Grundstück vermietete die Klägerin der KG ebenfalls mobile Einrichtungsgegenstände für den Betrieb des Pflegeheims. In ihren Umsatzsteuererklärungen behandelte sie die Verpachtung des Grundstücks als steuerfrei und die Vermietung der Einrichtungsgegenstände als steuerpflichtig. Infolge eines Urteils des Bundesfinanzhofs, nach dem die Vermietung der Einrichtungsgegenstände als Nebenleistung der steuerfreien Verpachtung ebenso steuerfrei sei, beantragte die Klägerin später die Herabsetzung der Umsatzsteuer. Ferner teilte sie dem Finanzamt mit, sie habe die bisherige Abrechnung gegenüber der KG berichtigt. Das Finanzamt verweigerte die Erstattung der auf die Vermietung der Einrichtungsgegenstände entfallenden Umsatzsteuer mit der Begründung, die Rechnungsberichtigung setze die Rückzahlung der zu hoch ausgewiesenen Steuer an den Leistungsempfänger voraus. Das Finanzgericht Münster gab der Klägerin Recht, woraufhin das Finanzamt Revision einlegte.
Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts setze die Berichtigung eines Steuerbetrags zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung grundsätzlich voraus, dass der Rechnungsaussteller die vereinnahmte und abgeführte Steuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt habe. Nur so könne die Neutralität der Mehrwertsteuer gewahrt werden. Der Wortlaut des entsprechenden Paragrafen setze dies zwar nicht voraus, allerdings führe die Erstattung der Umsatzsteuer durch das Finanzamt, ohne dass bereits die Rückzahlung der Steuer an den Leistungsempfänger erfolgt sei, zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Leistenden.
Ausblick
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist aus Sicht der Unternehmen, die eine Rechnungsberichtigung vornehmen wollen, kritisch zu sehen. In Fällen, in denen keine Abtretung der Rückzahlungsforderung infrage kommt, entsteht für den leistenden Unternehmer in Höhe des unrichtig ausgewiesenen Mehrbetrags ein Vorfinanzierungsaufwand. Inwiefern die Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesfinanzhofs auf vom Urteilsfall abweichende Sachverhalte übertragbar sind, bleibt indessen abzuwarten. Denkbar sind beispielsweise Fallkonstellationen, in denen der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug vorgenommen hat, die entsprechende Steuerfestsetzung aufgrund der Festsetzungsverjährung jedoch nicht mehr änderbar ist. Eine Rückzahlung des Mehrbetrags würde hier zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Leistungsempfängers führen und somit ebenfalls gegen die Neutralität der Mehrwertsteuer verstoßen.