Teilwertzuschreibung bei Fremdwährungsverbindlichkeiten
Hintergrund
Verbindlichkeiten sind in der Bilanz mit ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen. Bei Verbindlichkeiten in fremder Währung schwankt dieser Rückzahlungsbetrag, wenn sich der Wechselkurs der jeweiligen Fremdwährung verändert. Erhöht sich der Wechselkurs, so erhöht sich auch der Rückzahlungsbetrag und damit der Teilwert der Verbindlichkeit. Der Ansatz des (höheren) Teilwerts ist steuerlich zulässig, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag. Eine solche Wertzuschreibung wirkt sich für ein Unternehmen gewinnmindernd und damit steuermindernd aus. Die Frage, wann eine Werterhöhung voraussichtlich dauerhaft ist, war nun Gegenstand einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs.
Urteilsfall
Im Urteilsfall hatte ein Unternehmen ein Darlehen bei einer Schweizer Bank in Schweizer Franken aufgenommen. Zum Bilanzstichtag (31.12.2010) war der Kurswert des Schweizer Franken gegenüber dem Euro deutlich gestiegen. Entsprechend war auch der Rückzahlungsbetrag in Euro deutlich gestiegen. Das Unternehmen vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Erhöhung des Kurswerts um eine voraussichtlich dauerhafte Werterhöhung handelte, und führte eine Zuschreibung der Verbindlichkeit auf den Teilwert durch. Das Finanzamt vertrat die gegenteilige Auffassung und ließ die Zuschreibung nur zum Teil zu. Der Bundesfinanzhof gab dem Unternehmen nun recht und bestätigte die voraussichtlich dauerhafte Werterhöhung.
Eine voraussichtlich dauerhafte Werterhöhung eines Fremdwährungsdarlehens liegt nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs u.a. dann vor, wenn sich die wirtschaftlichen und währungspolitischen Daten fundamental verändert haben. Die Veränderung müsse dabei außerordentlich und nachhaltig sein. Dies sei dann der Fall, wenn nicht angenommen werden kann, dass sich der (ursprüngliche) Kurswert zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit ohne Weiteres wieder einstellt. Im Streitfall bejahte der Bundesfinanzhof eine solche fundamentale Änderung aufgrund der außerordentlichen Maßnahmen der Euro-Staaten zur Eindämmung der europäischen Schuldenkrise.
Änderung der bisherigen Rechtsprechung
Abweichend von der bisherigen BFH-Rechtsprechung und auch von der Auffassung der Finanzverwaltung ist dem aktuellen Urteil nun zu entnehmen, dass auch bei einer voraussichtlich dauerhaften Werterhöhung für Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als zehn Jahren eine Zuschreibung vorgenommen werden kann. Bislang nahm der Bundesfinanzhof an, dass sich bei einer derart langen Laufzeit der ursprüngliche Kurs wieder einstellt, und lehnte daher eine Zuschreibung ab. Diese Auffassung wurde nun aufgegeben. Eine Zuschreibung kann unabhängig von der Restlaufzeit erfolgen, wenn sich die wirtschaftlichen und währungspolitischen Daten fundamental verändert haben. Der Bundesfinanzhof lehnt auch die Auffassung des im gleichen Fall urteilenden Finanzgerichts ab, dass bei einer Werterhöhung von mehr als 20 % stets eine voraussichtlich dauerhafte Werterhöhung anzunehmen sei. Vielmehr bedürfe es einer Würdigung des Grundes der Wertveränderung.
Fazit
Steuerpflichtige können auf Grundlage des Urteils nun unabhängig von der Restlaufzeit steuermindernde Teilwertzuschreibungen vornehmen, wenn sich aufgrund einer fundamentalen Änderung abzeichnet, dass sich der ursprüngliche Wechselkurs nicht mehr einstellen wird. Die Feststellungslast für das Vorliegen eines solchen fundamentalen Ereignisses trägt allerdings der Steuerpflichtige.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.6.2021 – IV R 18/18