Einkünftekorrektur bei Ausbuchung einer unbesicherten Darlehensforderung
Hintergrund
Verzichtet der Gesellschafter gegenüber seiner Gesellschaft auf ein Darlehen, ist der Aufwand aus der Ausbuchung der Forderung unter Umständen steuerlich nicht zu berücksichtigen. Im internationalen Kontext sieht § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) als zentrale Vorschrift eine Korrektur bei multinationalen Unternehmen vor, die über die Grenze zu ihren verbundenen Unternehmen Geschäfte zu fremdunüblichen Bedingungen (insbesondere Verrechnungspreisen) vereinbart haben. Allerdings grenzen bestehende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) bislang eine Korrektur nach nationalen Vorschriften ein. Von dieser gefestigten Rechtsprechung ist der Bundesfinanzhof (BFH) nunmehr abgewichen.
Sachverhalt
Die A-GmbH war wesentlich an der B-NV, einer belgischen Aktiengesellschaft, beteiligt und führte gegenüber dieser ein verzinsliches Verrechnungskonto. Nachdem die belgische Gesellschaft in wirtschaftliche Schieflage geraten war, verzichtete die A-GmbH auf einen Teil ihrer Forderung gegen Besserungsschein. Die Finanzverwaltung erkannte den Aufwand steuerlich aufgrund einer fehlenden Forderungsbesicherung nicht an und nahm gemäß § 1 AStG eine außerbilanzielle Hinzurechnung vor. Die nationale Vorschrift zur Korrektur von Gewinnminderungen im Zusammenhang mit Darlehensforderungen (§ 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG) war im Streitjahr (2005) noch nicht anwendbar.
Entscheidung
Der BFH hat sich der Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen und den Aufwand aus dem Forderungsverzicht steuerlich nicht anerkannt. Zwar sei das Darlehen als solches möglicherweise steuerlich anzuerkennen. Daraus ergebe sich aber nicht, dass die dabei vereinbarten Bedingungen dem Fremdvergleich des § 1 AStG entsprechen. Im vorliegenden Fall spreche die fehlende Besicherung gegen die Fremdüblichkeit der Darlehensgewährung. Hierauf könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. Konzernrückhalts verzichtet werden. Die Einkünftekorrektur sei entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH auch nicht nach Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen gesperrt. Das kürzlich ergangene Hornbach-Urteil des EuGH (Vgl. dhpg Meldung vom 5.6.2018) stehe der Korrektur aus europarechtlichen Gründen im Übrigen nicht entgegen.
Konsequenzen
Bisher ging der BFH für Sachverhalte, die einem DBA unterliegen, davon aus, dass sich Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen auf sog. Preisberichtigungen beschränke, wohingegen die Neutralisation der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder einer Teilwertabschreibung ausgeschlossen sei (sog. Sperrwirkung). Das Urteil hat somit erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierung ausländischer Tochtergesellschaften (siehe Pressemitteilung BFH Nr. 29 vom 15.5.2019) und stellt eine Neuausrichtung der Rechtsprechung zur steuerrechtlichen Behandlung des Ausfalls grenzüberschreitender Konzerndarlehen dar. Der BFH hat angekündigt, die neuen Rechtsprechungsgrundsätze in weiteren Verfahren zu konkretisieren. Die Berater der dhpg halten Sie über neue Entwicklungen auf dem Laufenden.