Zufluss von Tantiemen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern
Bestandteile des Geschäftsführergehalts und Besteuerungszeitpunkte
Die Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers setzt sich regelmäßig aus mehreren Bestandteilen zusammen. Es finden sich Vereinbarungen über Festgehälter (einschließlich Überstundenvergütung), zusätzliche feste jährliche Einmalzahlungen (z.B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld), variable Gehaltsbestandteile (z.B. Tantiemen, Gratifikationen), Zusagen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (z.B. Pensionszusagen) und Sachbezüge (z.B. Fahrzeugüberlassung, private Telefonnutzung). Laufender Arbeitslohn gilt in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Die nicht als laufender Arbeitslohn gezahlten sonstigen Bezüge sind im Kalenderjahr des Zuflusses zu versteuern. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung tritt der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein. Das ist grundsätzlich der Zeitpunkt, wenn der Leistungserfolg eintritt. In der Regel fließen Geldbeträge dadurch zu, dass sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern (Beteiligung von mehr als 50 % an seiner GmbH) gibt es jedoch Besonderheiten zu beachten.
Geschäftsführerin einer Steuerberatungs-GmbH gestaltet Zufluss
Nach dem Geschäftsführer-Dienstvertrag stand der alleinigen Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer Steuerberatungs-GmbH eine jährliche Tantieme zu. Die Tantiemevereinbarung enthielt eine Regelung, nach der der Anspruch auf Auszahlung nicht mit Feststellung des Jahresabschlusses, „sondern nach gesonderter Aufforderung durch den Geschäftsführer unter Berücksichtigung der Zahlungsmöglichkeit“ fällig wurde. Die GmbH bildete in ihren festgestellten Jahresabschlüssen entsprechende Tantiemerückstellungen. In den Einkommensteuerbescheiden der Geschäftsführerin berücksichtigte das Finanzamt wegen der beherrschenden Stellung neben den ausgezahlten Tantiemen auch die nicht ausgezahlten Teilbeträge der Tantiemeansprüche als Arbeitslohn. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Rückstellungsbildung und Feststellung des Abschlusses für Bundesfinanzhof ausreichend
Der Bundesfinanzhof hat seine ständige Rechtsprechung bestätigt und die Revision zurückgewiesen. Nach Auffassung des VI. Senats fließen einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer Einnahmen aus Tantiemeforderungen gegen seine Kapitalgesellschaft, die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt haben, bereits bei Fälligkeit zu. Der Tantiemeanspruch wird mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben. Fehlen solche Regelungen oder ist nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts enthalten, kann der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer gleichwohl wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses über seinen Tantiemeanspruch verfügen, der damit zu diesem Zeitpunkt zugeflossen ist. Nur wenn die GmbH infolge von Zahlungsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen wäre, die Tantiemeforderungen zu erfüllen, müsse schon aus diesem Grund ein Zufluss der nicht ausgezahlten Tantiemen verneint werden. Auf die Fälligkeit der Forderungen oder den Inhalt der Tantiemevereinbarung würde es in einem solchen Fall nicht ankommen.
Konsequenz
In Tantiemevereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer sollten Regelungen zur Auszahlung enthalten sein (z.B. Monat nach der Feststellung des Jahresabschlusses). Ein Zufluss lässt sich durch das Datum der Feststellung gestalten, wenn dadurch nicht andere Fristen verletzt werden, wie z.B. Prüfungspflichten oder die Hinter-/Offenlegung beim Bundesanzeiger. Eine klare Vereinbarung dient zudem dem Zweck der rechtzeitigen Lohnversteuerung im Anmeldungsverfahren, um nicht eine Pflichtverletzung als Arbeitgeber zu begehen. Darüber hinaus ist wie immer bei Vereinbarungen mit beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern zu beachten, dass die Finanzverwaltung das Verhältnis der Tantiemen zum Grundgehalt und die Angemessenheit der Gesamtausstattung besonders kritisch wegen einer Prüfung auf verdeckte Gewinnausschüttungen unter die Lupe nimmt. Beurteilungskriterien für die Angemessenheit sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Eigenkapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die im selben Betrieb gezahlt werden oder in gleichartigen Betrieben an Geschäftsführer für entsprechende Leistungen gewährt werden. Im Gegensatz zur Finanzverwaltung gibt es nach Auffassung vieler Gerichte keine festen Regeln, sondern die Angemessenheit ist im Einzelfall zu schätzen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.7.2021, VI R 3/19; BFH/NV 2022, S. 9.