Spekulationssteuer auf häusliches Arbeitszimmer?
Kernaussage
Gewinne aus der Veräußerung privater Immobilien unterliegen gemäß § 23 EStG der Einkommensteuer, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als zehn Jahre beträgt. Als Anschaffung gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe. Das Finanzgericht München musste sich nun der Frage annehmen, ob mit der Aufgabe eines Arbeitszimmers in einer Privatimmobilie für diesen Raum ein separater Fristlauf von zehn Jahren begründet wird.
Sachverhalt
Die Kläger (Eheleute) erwarben im April 2003 eine Eigentumswohnung. Ein Teil der Wohnung wurde zu betrieblichen Zwecken als Büro genutzt und entsprechend bilanziert. Mit Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten im November 2006 überführten die Kläger das Büro ins Privatvermögen und nutzten es fortan ebenfalls zu eigenen Wohnzwecken. Ab Mai 2011 wurde die gesamte Wohnung vermietet und im November 2013 veräußert. Das Finanzamt wollte den anteilig auf das ehemalige Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinn besteuern, da die Zehnjahresfrist für das Büro noch nicht verstrichen war (November 2006 bis November 2013).
Entscheidung
Das Finanzgericht München sah das anders. Nach Ansicht der Richter ist ein Arbeitszimmer kein selbstständiges Wirtschaftsgut im Sinne des § 23 EStG, das einen separaten Fristlauf von zehn Jahren auslöst. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs folgend, setzt die „Selbstständigkeit“ eines Wirtschaftsguts nämlich insbesondere seine Verkehrsfähigkeit voraus, also Einzelveräußerbarkeit. Diese liegt aber weder für das Arbeitszimmer als solchem noch für den übrigen Teil der Eigentumswohnung vor. Vielmehr ist die Eigentumswohnung mit ihren Räumlichkeiten insgesamt – also auch dem vormals als Büro genutzten Raum – als Einheit anzusehen, für die es folglich auch nur einen Fristlauf von zehn Jahren geben kann. Und diese Zehnjahresfrist war mit Anschaffung der Wohnung im April 2003 und der Veräußerung im November 2013 abgelaufen.
Konsequenz
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam im Jahr 2018 auch das Finanzgericht Köln für den Bereich der Überschusseinkünfte. Dieser Fall ist mittlerweile beim Bundesfinanzhof anhängig (Az. IX R 11/18). Betroffene sollten also in vergleichbaren Fällen Einspruch gegen die anteilige Besteuerung ihres Arbeitszimmers einlegen und sich hierbei in Abhängigkeit davon, ob das Arbeitszimmer zur Erzielung von Gewinn- oder Überschusseinkünften genutzt wurde, auf die jeweiligen Urteile der Finanzgerichte berufen.