Einkommensteuererklärung - Vermeidung von Nachzahlungszinsen

Kernaussage

Steuernachzahlungen und Steuererstattungen sind zu verzinsen, soweit dies gesetzlich angeordnet ist. Die Zinsberechnung richtet sich nach der Abgabenordnung und beträgt für jeden vollen Monat 0,5 % und damit 6 % pro Jahr. Die Verzinsung kann durch unterschiedliche Ereignisse ausgelöst werden. Häufig sind es Änderungsbescheide nach einer Betriebsprüfung, welche die Zinsbelastung zu einem zusätzlichen Ärgernis werden lassen. Der Zinslauf beginnt grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. So würde beispielsweise die Einkommensteuer für das Jahr 2016 ab April 2018 verzinst. Der Zinssatz entspricht seit vielen Jahren nicht mehr der Situation auf dem Kapitalmarkt. Eine weitere verschärfende finanzielle Belastung tritt dadurch ein, dass die Nachzahlungszinsen für Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer steuerlich nicht abzugsfähig sind, Guthabenzinsen aber zu versteuern sind. Seit geraumer Zeit sind mehrere Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes beim Bundesfinanzhof anhängig. Ein weiteres ist hinzugekommen.

Sachverhalt

Eheleute hatten ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 im Februar 2013 abgegeben und erhielten erst zehn Monate später den Einkommensteuerbescheid, der für die Zeit ab April 2013 eine 4-prozentige Verzinsung enthielt. Zudem änderte das Finanzamt die Steuerfestsetzung für das Jahr 2010 im Januar 2016, nachdem ihm weitere Beteiligungseinkünfte des Ehemanns mitgeteilt worden waren. Auch hieraus ergaben sich Nachzahlungszinsen für die Monate April 2012 bis Dezember 2015. Die Eheleute legten gegen die Zinsfestsetzungen Einspruch ein und machten u.a. geltend, die Höhe der Verzinsung sei angesichts der andauernden Niedrigzinsphase fernab der Realität und damit verfassungswidrig. Das Finanzamt wies die Einsprüche zurück.

Entscheidung

Die von den Eheleuten beim Finanzgericht Münster erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung der Finanzrichter sei die gesetzliche Verzinsungsregelung verfassungsgemäß, weil der Gesetzgeber den Rahmen für eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung nicht überschritten habe. Die Mittelwerte aus den Marktzinsen für Darlehen sowie für Anlagen hätten in den Jahren 2012 bis 2015 zwischen 4,49 % und 3,66 % gelegen und sich nicht in einer Weise entwickelt, welche dazu führen würde, dass der gesetzliche Zinssatz nicht mehr als hinreichend realitätsgerecht anzusehen sei. Es handele sich um eine Typisierung über einen sehr langen Zeitraum und der Gesetzgeber habe den Zinssatz seit seiner Einführung trotz erheblicher Zinsschwankungen in beide Richtungen nicht geändert.

Konsequenz

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Dort sind bereits mehrere gleich gelagerte Fälle anhängig, so dass hiervon betroffene Steuerpflichtige Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen sollten. Steuerpflichtige, die für das Jahr 2016 eine Nachzahlung erwarten, aber noch keinen Steuerbescheid erhalten haben, sollten in Betracht ziehen, eine freiwillige Steuervorauszahlung zu leisten. Geht diese Zahlung (am besten unter Angabe des Verwendungszwecks „Freiwillige Steuervorauszahlung 2016“) vor dem 1.4.2018 beim Finanzamt ein, wird der Zinslauf unterbrochen. Zinsen werden dann zwar festgesetzt, müssen aber auf Antrag erlassen werden. Diejenigen, die eine Steuererstattung erwarten, können sich zurücklehnen und ihr Geld beim Finanzamt mit 6 % als gut angelegt ansehen.

Dr. Lutz Engelsing

Steuerberater

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Michael Mittmann

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