Leistungen von Istversteuerern berechtigen erst bei Zahlung zum Vorsteuerabzug

Sollversteuerung versus Istversteuerung

Das Umsatzsteuergesetz (UStG) unterscheidet zwischen der Soll- und der Istversteuerung. Bei der Sollversteuerung entsteht die Umsatzsteuer mit Ausführung der Leistung, bei der Istversteuerung dagegen mit Erhalt des Entgelts. Die Istversteuerung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen anwendbar und stellt daher eine Ausnahme zur Sollversteuerung dar.

Verstoß gegen die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie?

Die Klägerin vermietete ein Grundstück, das sie ihrerseits gemietet hatte. Sowohl die Klägerin als auch ihre Vermieterin hatten wirksam auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze verzichtet und machten von der Istversteuerung Gebrauch. Der Klägerin lag eine ordnungsgemäße Mietdauerrechnung vor. Sie hatte die Mieten für die Jahre 2009 bis 2012 aufgrund einer Stundung erst in den Jahren 2013 bis 2016 beglichen. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung machte die Klägerin den Vorsteuerabzug im Zeitraum der Bezahlung geltend und nicht im jeweiligen Mietmonat. Das Finanzamt setzte daraufhin die Umsatzsteuer neu fest. Es ergab sich eine Nachzahlung, da in den Altjahren der Vorsteuerabzug aufgrund von Verjährung nicht mehr möglich war. Die Klägerin sah hierin einen Verstoß gegen die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL), wonach das Recht auf Vorsteuerabzug aus Leistungen eines Istversteuerers erst im Zeitpunkt der Bezahlung entstehe. Das Finanzgericht Hamburg legte den Fall dem EuGH vor. Zwar stimmte es der Auffassung des Finanzamts nach nationalem Recht zu, hatte aber Zweifel, ob dies im Einklang mit der MwStSystRL steht.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat weitreichende Konsequenzen 

Laut EuGH besteht Kongruenz zwischen der Entstehung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger und der Entstehung der Umsatzsteuer beim Leistenden. Sofern der leistende Unternehmer der Istversteuerung unterliegt, kann der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger erst im Zeitpunkt der Bezahlung erfolgen.

Die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung ist damit erledigt. Dies ist bedauerlich, da sie für die Liquidität der Unternehmen von Vorteil ist. Es ist nun zu erwarten, dass der Gesetzgeber aktiv wird. Dies dürfte auch die Rechnungsstellung der Unternehmen mit Istversteuerung betreffen. Denn bis dato müssen Unternehmen im Rahmen der Rechnungsstellung nicht auf die Anwendung der Istversteuerung hinweisen. Dies sieht die MwStSystRL jedoch vor und ist Voraussetzung dafür, dass der Leistungsempfänger überhaupt erkennen kann, in welchem Voranmeldungszeitraum er die Vorsteuer geltend machen muss. Unternehmen, die es in der Vergangenheit versäumt haben, bei Leistungsbezug die Vorsteuer geltend zu machen, können gegebenenfalls noch von dem Urteil profitieren, wenn die Bezahlung in einem späteren, noch änderbaren Zeitraum erfolgte.

Gert Klöttschen

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