Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen

Hintergrund

Wer die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff, kurz GoBD, nicht einhält, muss mit empfindlichen Nachzahlungen bei Betriebsprüfungen rechnen. Befürchtet wird in der Praxis zudem, dass die Prüfer es sich einfach machen und schon bei geringsten Mängeln massiv schätzen. Die Befürchtung ist berechtigt, allerdings gibt es auch Grenzen.

Fall

Der Kläger war Steuerberater und ermittelte seine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit mittels Einnahmenüberschussrechnung. Nachdem er seine Einkommensteuererklärung für 2004 eingereicht hatte, ordnete das Finanzamt bei ihm eine Umsatzsteuersonderprüfung für 2004 bis 2006 an. Nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung berichtigte der Kläger seine Umsatzsteuervoranmeldungen für 2005 sowie 2006 bzw. reichte diese erstmalig ein, wodurch sein Umsatz sich mehr als verdoppelte (+ 112 %). Zudem legte der Kläger gegen die Prüfungsanordnung Einspruch ein. Zum vorgesehenen Prüfungstermin erschien er nicht, verwies auf den Einspruch, Einsicht in die Akten gewährte er ebenfalls nicht.

Der Prüfer schätzte daraufhin u.a. die Erlöse für das Streitjahr 2004 und erhöhte diese um 112 %. Eine hiergegen gerichtete Klage hatte erstinstanzlich keinen Erfolg, da das Finanzgericht die Schätzung für zulässig hielt. Es verwies insofern auf diverse Aufzeichnungsmängel. Die vom Kläger im Prozess vorgelegte Belegsammlung berücksichtigte das Finanzgericht nicht, da es unzumutbar sei, diese zu prüfen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof führt zunächst aus, dass eine Schätzung nichtig ist, wenn sich diese nicht an den wahrscheinlichen Steuerbemessungsgrundlagen orientiert, sondern bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen erfolgt. Dies sah er jedoch nicht als gegeben an. Allerdings zweifelt er an der Berechtigung des Finanzamts, mittels eines pauschalen Sicherheitszuschlags zu schätzen. Denn eine solche Schätzung bedarf einer ausreichenden Begründung, damit sie rechtmäßig ist. An einer solchen fehlt es dem Bundesfinanzhof. So verweist er u.a. darauf, dass aus der falschen Verbuchung von Bewirtungsaufwendungen nicht auf einen Verstoß gegen die allgemeinen Aufzeichnungspflichten geschlossen werden kann. Ebenso wertet er die Vorlage der Belegsammlung als Indiz für eine Einhaltung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Er verweist daher das Verfahren zurück an das Finanzgericht, das nun detailliert prüfen muss, ob die Schätzung berechtigt ist.

Konsequenz

Klar dürfte sein, dass das Verhalten des Steuerberaters eine Schätzung geradezu provoziert hat und nicht zur Nachahmung geeignet ist. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass er nicht doch noch zur Kasse gebeten wird. Wichtig ist jedoch, dass die Prüfer die Gründe für eine Schätzung genau darlegen müssen. Dies gilt insbesondere für die „beliebten“ Sicherheitszuschläge. Hier reichen einzelne formelle Mängel nicht aus, um die komplette Buchführung zu verwerfen. Natürlich soll es erst gar nicht so weit kommen, wenn aber doch, kann sich der Gang zum Finanzgericht lohnen.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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