Gewerbesteuer: Finanzverwaltung reagiert auf Europarechtswidrigkeit des internationalen Schachtelprivilegs
Unterschiedliche Voraussetzungen im Inlands- und Drittstaatenfall
Im Gewerbesteuergesetz werden Dividendeneinkünfte in Abhängigkeit von der Ansässigkeit der ausschüttenden Gesellschaft (Tochtergesellschaft) beim Anteilseigner (Muttergesellschaft) unterschiedlich behandelt. Die Kürzungsvorschrift für Dividendeneinkünfte aus inländischen Tochtergesellschaften setzt nach § 9 Nr. 2a Gewerbesteuergesetz (GewStG) nur eine Mindestbeteiligung in Höhe von 15 % des Stammkapitals an der ausschüttenden Gesellschaft zu Beginn des Erhebungszeitraums voraus. Bei Ausschüttungen einer in einem Drittstaat ansässigen Tochtergesellschaft verlangt § 9 Nr. 7 GewStG dagegen, dass eine Mindestbeteiligung in Höhe von 15 % ununterbrochen seit Beginn des Erhebungszeitraums besteht und die Bruttoerträge aus bestimmten aktiven Einkünften im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 Außensteuergesetz (AStG) stammen.
Europäischer Gerichtshof: Verstoß gegen Kapitalverkehrsfreiheit
Nach einem Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Münster hat der Europäische Gerichtshof im vergangenen Jahr entschieden, dass die strengeren Voraussetzungen des internationalen Schachtelprivilegs eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten darstellen, die gemäß Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) grundsätzlich verboten ist (siehe dhpg Meldung vom 6.12.2).
Finanzverwaltung schränkt Anwendungsbereich in Drittstaatensachverhalten ein
Als Folge aus diesem Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat nun die Finanzverwaltung mit gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25.1.2019 eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 9 Nr. 7 GewStG vorgenommen. Danach ist die Norm auf Drittstaatensachverhalte mit folgender Maßgabe anzuwenden:
- Die Beteiligung von mindestens 15 % an der Tochtergesellschaft muss zu Beginn des Erhebungszeitraums bestehen, wenn die in § 9 Nr. 7 Satz 1 erster Halbsatz GewStG enthaltene Voraussetzung, nach der die Beteiligung seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen bestehen muss, eine Kürzung ausschließen würde.
- Die besonderen Voraussetzungen für die Bruttoerträge, die von der Tochtergesellschaft bezogen werden, nach § 9 Nr. 7 Satz 1 erster Halbsatz GewStG müssen nicht erfüllt sein.
- Die besonderen Voraussetzungen für Gewinne aus Enkelgesellschaften, die über die Tochtergesellschaft bezogen werden, nach § 9 Nr. 7 Satz 4 bis 6 GewStG und die Nachweisvorschriften des § 9 Nr. 7 Satz 7 GewStG hierzu sind nicht anzuwenden.
Auswirkungen auf die Praxis
Aufgrund der nun gemachten Einschränkungen entsprechen die Voraussetzungen im Drittstaatenfall jenen des Inlandsfalls, womit ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nicht mehr vorliegt. Unternehmen können sich in allen offenen Fällen auf diese Grundsätze beziehen. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine europarechtskonforme Neuregelung des § 9 Nr. 7 GewStG angehen wird.