Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungsgewinnen aus Mitunternehmeranteilen
Hintergrund
Bis zur Einführung von § 7 Satz 2 GewStG im Jahr 2002 begann bzw. endete die Gewerbesteuerpflicht für Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit Aufnahme bzw. Beendigung der werbenden „aktiven“ Tätigkeit. Dementsprechend waren bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften Gewinne aus der Veräußerung des Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs oder von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft nicht gewerbesteuerpflichtig. Hingegen waren und sind bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich sämtliche Gewinne – auch aus der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Aufgabe des Betriebs – gewerbesteuerpflichtig. Allerdings war die Rechtsprechung der Auffassung, dass auch bei Kapitalgesellschaften die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Diese Rechtslage führte dazu, dass Kapitalgesellschaften zur Umgehung der Gewerbesteuer Einzelwirtschaftsgüter zunächst steuerneutral auf Personengesellschaften übertrugen und anschließend die Anteile an dieser steuerfrei veräußerten. Dagegen richtet sich § 7 Satz 2 GewStG, wonach Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen, soweit sie nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfallen, nun auf Ebene der Personengesellschaft gewerbesteuerpflichtig sind.
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin war eine weltweit agierende KG mit einer Offenen Handelsgesellschaft als Komplementärin und einer Stiftung, mehreren Kapital- und Personengesellschaften sowie natürlichen Personen als Kommanditisten. Mit Ausnahme einer GmbH veräußerten alle Kommanditisten in den Jahren 2001 und 2002 ihre Anteile an der Beschwerdeführerin. Das Finanzamt wendete auf die Veräußerungsgewinne im Jahr 2002 § 7 Satz 2 GewStG an. Die Beschwerdeführerin sieht darin insbesondere einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 GG.
Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht weist die Verfassungsbeschwerde mit Urteil vom 10.4.2018 als unbegründet zurück. Die aufgrund der Veräußerungsgewinne des ausscheidenden Gesellschafters entstehende Gewerbesteuerlast auf Ebene der Personengesellschaft stelle keinen verfassungswidrigen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip dar. Eine Minderung der Leistungsfähigkeit der Personengesellschaft werde zunächst durch erhöhte Abschreibungen in der Ergänzungsbilanz des eintretenden Gesellschafters kompensiert. Des Weiteren könne die Gewerbesteuerschuld durch gesellschaftsvertragliche Gestaltung interessensgerecht verteilt werden. Im Hinblick auf die Ungleichbehandlung der Besteuerung verschiedener Rechtsformen führte das Bundesverfassungsgericht an, dass sich der Gesetzgeber durch die Begünstigung von auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallende Gewinne innerhalb seines weiten Gestaltungsspielraums bewege und die Verhinderung von steuerlichen Umgehungsstrategien die Ungleichbehandlung rechtfertige.
Hinweise
Das Urteil enthielt auch das Thema Rückwirkung. Hierzu hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass nicht nur die Einbringung eines Gesetzesvorhabens in den Bundestag, sondern auch dessen Zuleitung zum Bundesrat das Vertrauen in die bestehende Rechtslage gegenüber einem Gesetz mit belastender Rückwirkung zerstören kann. Dies verdeutlicht wieder einmal, dass für eine lückenlose Tax-Compliance sowie rechtssichere Steuerplanung Kenntnisse über aktuelle Gesetzgebungsvorhaben und -verfahren unabdingbar sind.
Im Rahmen von Veräußerungen von Mitunternehmeranteilen ist besonderes Augenmerk auf die durch den Anteilsverkauf entstehende Gewerbesteuerbelastung auf Ebene der Personengesellschaft zu richten. Insbesondere im Zusammenhang mit der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags bei unterjährigem Gesellschafterwechsel gilt es die steuerlichen Konsequenzen bzw. Belastungen der Veräußerung bewusst, z.B. durch Steuerklauseln oder Wahl des Transaktionszeitpunkts, zu gestalten.