Ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – was Arbeitgeber wissen sollten

Der Fall

In dem Fall, den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte, legte der beklagte Mitarbeiter seiner Arbeitgeberin in mehreren Kalenderjahren unmittelbar nach seinen Urlauben Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem Ausland vor. So auch im Jahre 2022: Der Kläger hatte bis Anfang September 2022 seinen Sommerurlaub in Tunesien verbracht. Aufgrund von Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule suchte der Kläger einen Arzt in Tunesien auf und legte seiner Arbeitgeberin sodann eine von diesem Arzt attestierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis Ende September vor. Der Kläger reiste noch während der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit seinem Pkw zurück nach Deutschland.

Die beklagte Arbeitgeberin erkannte die tunesische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht an, lehnte daraufhin jegliche Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ab und kürzte die Vergütung des Klägers für den Monat September entsprechend. Der Mitarbeiter legte Klage ein.

Bundesarbeitsgericht: Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem nichteuropäischen Ausland haben grundsätzlich denselben Beweiswert wie inländische Bescheinigungen

Das Bundesarbeitsgericht stellt in seiner Entscheidung fest, dass Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die in einem Land außerhalb der Europäischen Union ausgestellt wurden, grundsätzlich der gleiche Beweiswert wie einer in Deutschland ausgeschellten Bescheinigung zukommt, wenn der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden hat. Dennoch kann auch dieser Beweiswert erschüttert sein, wenn nach der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung Umstände vorliegen, die zwar für sich betrachtet unverfänglich sein mögen, in der Gesamtschau aber ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Bescheinigung begründen. Insofern gelten die gleichen Grundsätze wie bei einer in Deutschland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. 

Das Bundesarbeitsgericht hielt die Erschütterung des Beweiswertes aufgrund des dargestellten Sachverhalts zumindest für möglich und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht München zurück.

Ausblick für die Praxis

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht zeigt, dass Arbeitgeber nicht per se im Ausland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abweisen sollten, da diesen grundsätzlich der gleiche Beweiswert zukommt wie inländischen Bescheinigungen. Dennoch – so betont es auch das Bundesarbeitsgericht – muss stets eine Gesamtschau der Umstände des Einzelfalles vorgenommen werden. Damit bleibt das Bundesarbeitsgericht seiner bisherigen Linie treu.

Arbeitgeber sind gut beraten, sich juristische Hilfe einzuholen, wenn Zweifel an einer ausländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestehen.

Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 15.01 2025, Az. 5 AZR 284/24
 

Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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