Anfechtungsfrist für einen bei Beschlussfassung nicht anwesenden GmbH-Gesellschafter
Kernaussage
Sofern ein Gesellschafter einer GmbH an einer Gesellschafterversammlung nicht teilgenommen hat, muss er sich aus eigenem Antrieb innerhalb von zwei Wochen über die dort gefassten Beschlüsse informieren. Nach Ablauf dieser Erkundigungsfrist kann die dann folgende Anfechtungsfrist für diese Beschlüsse auch ohne seine Kenntnis von den Beschlussinhalten ablaufen, wodurch die Beschlüsse endgültig wirksam werden. Dies entschied kürzlich das Dresdner Oberlandesgericht.
Sachverhalt
Über das Vermögen eines GmbH-Gesellschafters war das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die anderen Mitgesellschafter wollten die Gesellschaft nicht mit einem insolventen Gesellschafter fortführen, weshalb sie eine Gesellschafterversammlung einberiefen, in der die Zwangsabtretung der Anteile des insolventen Gesellschafters beschlossen werden sollte. Der insolvente Gesellschafter erschien weder bei der ersten noch bei der zweiten Versammlung, die aufgrund seiner Abwesenheit bei der ersten Versammlung und der damit einhergehenden Beschlussunfähigkeit einberufen werden musste. Bei der zweiten Versammlung wurde schließlich die Zwangsabtretung wirksam beschlossen. In der Satzung der Gesellschaft war keine Regelung über die Anfechtungsfrist für Beschlüsse vorhanden. Fehlt es an einer solchen Regelung, wird angenommen, dass die Anfechtung der Beschlüsse binnen eines Monats nach der Beschlussfassung erfolgen muss, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Etwa einen Monat nach der Beschlussfassung wurde dem insolventen Gesellschafter das Protokoll der Gesellschafterversammlung übermittelt. Daraufhin erhob er nach etwa einem weiteren Monat Anfechtungsklage, mit der er sich gegen den Beschluss der Zwangsabtretung wehrte. Das Landgericht Leipzig gab dem insolventen Gesellschafter recht und erklärte die Beschlussfassung für nichtig. Dem folgte das Oberlandesgericht Dresden nicht und stellte außerdem die Verfristung der Klage fest.
Entscheidung
Die Richter haben vorliegend besondere Umstände, die die Verlängerung der Anfechtungsfrist rechtfertigen würden, verneint. Fraglich war jedoch, ob die Anfechtungsfrist bereits mit Beschlussfassung der Gesellschafter beginnt oder erst, wenn der nicht anwesende Gesellschafter Kenntnis vom Beschlussinhalt erlangt hat. Zu dieser Frage bestehen verschiedene Auffassungen. Das Oberlandesgericht hat eine Entscheidung über diese Frage offengelassen und die Verfristung anders begründet: Zum Schutz des nicht teilnehmenden Gesellschafters soll die Frist zur Anfechtung der Beschlüsse erst mit dessen Kenntniserlangung beginnen. Dafür trifft den nicht anwesenden Gesellschafter jedoch eine Erkundigungspflicht. Das Oberlandesgericht hat angenommen, dass die Frist zu dieser Erkundigung zwei Wochen nach Beschlussfassung läuft und nach Ablauf dieser Frist die Anfechtungsfrist dann auch ohne die Kenntniserlangung des nicht anwesenden Gesellschafters zu laufen beginnt. Da der insolvente Gesellschafter bei der Versammlung nicht anwesend war, begann nach Auffassung des Gerichts die Anfechtungsfrist auch ohne Kenntnis des Gesellschafters nach Ablauf der zweiwöchigen Erkundigungsfrist und war bei Erhebung der Anfechtungsklage, immerhin ca. zwei Monate nach der Beschlussfassung und etwa einem Monat nach Übermittlung des Protokolls, bereits abgelaufen.
Konsequenz
Sofern in der Gesellschaftssatzung keine anderen Bestimmungen getroffen wurden, sollte sich derjenige Gesellschafter, der an einer Gesellschafterversammlung nicht teilgenommen hat, stets zeitnah, spätestens aber nach zwei Wochen, über die erfolgten Beschlussfassungen informieren. Nach der vorliegenden Entscheidung sollte eine Anfechtung der Beschlüsse unter Berücksichtigung einer Erkundigungsfrist spätestens sechs Wochen nach Beschlussfassung vorgenommen werden. Andernfalls riskiert der nicht anwesende Gesellschafter, dass die Beschlüsse endgültig wirksam werden. Sicherheitshalber ist allerdings die Beachtung der regulären Anfechtungsfrist von vier Wochen nach Beschlussfassung anzuraten. Die Entscheidung in dieser Sache ist noch nicht rechtskräftig, da Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt wurde und abzuwarten ist, ob dieser die Auffassung des Oberlandesgerichts teilt.