Abgrenzung der Betriebszerschlagung von der Übergabe eines zuvor verkleinerten Betriebs
Kernaussage
Das FG hatte zu entscheiden, ob ein zuvor durch Abfindung weichender Erben verkleinerter ruhender Betrieb auf die Tochter übergangen ist, oder, ob durch die zeitgleiche Übertragung sämtlichen Grundbesitzes der Betrieb zerschlagen wurde.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige war Eigentümer verschiedener Grundstücke, die sie als Rechtsnachfolgerin von ihrem verstorbenen Ehemann geerbt hatte. Die Steuerpflichtige verpachtete diese Grundstücke im Rahmen eines ruhenden landwirtschaftlichen Betriebs. Von der Steuerpflichtigen wurde keine aktive landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt. Mit notariellem Vertrag wurden sämtliche Grundstücke des Betriebs auf ihre Töchter T 1 und T 2 übertragen.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Betrieb nicht als eine Einheit vollständig auf die Töchter übertragen wurde, sodass keine Übertagung zu Buchwerten erfolgt sei, sondern eine Betriebszerschlagung vorläge. Sofern die Verkehrswerte der Grundstücke deren Buchwerte überschreiten, seien sie als Privatentnahme zu versteuern. Die Finanzverwaltung ermittelte einen Entnahmegewinn i.H.v. rund 274.000 €. Hiergegen legte die Steuerpflichtige Einspruch ein, mit der Begründung, dass an ihre Töchter jeweils mehr als 3.000 qm übertragen wurden, sodass ein landwirtschaftlicher Teilbetrieb i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG vorgelegen habe.
Während des Einspruchsverfahrens wurde das BFH Urteil vom 16.11.2017 (Az.: IV R 63/15), wonach landwirtschaftliche Nutzflächen von mehr als 3.000 qm nicht allein aufgrund ihrer Größe landwirtschaftliche Teilbetriebe begründen, veröffentlicht. Daraufhin änderte die Steuerpflichtige ihre Einspruchsbegründung dahingehend, dass die Tochter T1 ihren landwirtschaftlichen Betrieb erhalten habe. Die Tochter T2 habe als weichende Erbin ein Grundstück aus dem Betrieb erhalten. Im Ergebnis läge jedoch keine Betriebsaufgabe vor, nur das an T2 übertragene Grundstück sei steuerpflichtig entnommen worden.
Der Einspruch wurde von der Finanzverwaltung als unbegründet abgewiesen, woraufhin die Steuerpflichtige Klage gegen die Einspruchsentscheidung eingelegt hat.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die Klage unbegründet ist. Nach Auffassung des FG liegt eine Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG vor.
Ein landwirtschaftlicher Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher wesentlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben. Die bloße Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs führt hingegen nicht zur Betriebsaufgabe. Dies gilt auch dann, wenn durch die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr möglich ist.
Zudem liegt nach Ausführungen des FG insbesondere dann eine Betriebsaufgabe vor, wenn im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge die Betriebsgrundstücke auf mehrere nicht mitunternehmerschaftlich verbundene Einzelrechtsnachfolger übertragen werden. Hiervon abzugrenzen ist die Übertragung eines durch Entnahme von Grundstücken zur Abfindung weichender Erben verkleinerten Betriebes, der nach § 6 Abs. 3 EStG unter Fortführung der Buchwerte übertragen wird. Gegenstand dieser Übertragung ist die Sachgesamtheit in dem Umfang, den sie im Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs hat. Der Buchwertfortführung steht nicht entgegen, wenn vor Übertragung Veränderungen in Form von Entnahmen und Veräußerungen stattfinden.
Das FG vertritt im Streitfall die Auffassung, dass eine steuerpflichtige Betriebsaufgabe und keine Übertragung eines verkleinerten Betriebs gegeben ist. Vor Übertragung unterhielt die Steuerpflichtige einen landwirtschaftlichen Betrieb, der zeitgleich auf mehrere Personen übertragen wurde. Hierbei ist unstreitig, dass die Töchter nicht mitunternehmerisch verbunden waren. Die ggf. beabsichtige Verkleinerung des Betriebs durch Entnahme eines Grundstücks zur Abfindung einer weichenden Erbin kann dem FG zufolge nicht aus der notariellen Urkunde entnommen werden.
Zudem spricht gegen die Übertragung einer Sachgesamtheit i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG, dass die Klägerin rund 28 % des landwirtschaftlichen Grundbesitzes auf ihre Tochter T2 übertragen hat. Nach Auffassung des FG wurden nicht die wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die Tochter T1 übertragen. Grundsätzlich können bei einer Übertragung eines Betriebs Einzelwirtschaftsgüter zurückbehalten werden. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Einzelwirtschaftsgüter keine wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen. Im Falle der Zurückbehaltung von wesentlichen Betriebsgrundlagen liegt keine Betriebsübertragung im Ganzen i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG vor. Gemäß der Rechtsprechung stellen geringfügige Teilflächen (bis zu 10 %) keine wesentlichen Betriebsgrundlagen dar. Diese Grenze ist jedoch im Streitfall überschritten. Das FG kommt daher zu dem Entschluss, dass die Übertragung der Grundstücke zur Zerschlagung des landwirtschaftlichen Betriebs geführt hat.
Hinweis
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die einzelnen Abgrenzungskriterien für das Vorliegen einer Betriebszerschlagung und die Übertragung eines verkleinerten Betriebs noch nicht hinreichend durch die Rechtsprechung des BFH geklärt sind.