Zulässigkeit von Gehaltsumwandlungen bei Arbeitgebervergünstigungen
Begünstigte Zusatzleistungen des Arbeitgebers
Das Lohnsteuerrecht gewährt bei verschiedenen Steuerbefreiungen und Pauschalbesteuerungen Steuervergünstigungen, die davon abhängen, dass eine bestimmte Arbeitgeberleistung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht wird (sogenannte Zusätzlichkeitsvoraussetzung). Werden solche Vergünstigungen genutzt, lässt sich durch Ersparnisse bei Steuer und Sozialversicherung das Netto vom Brutto optimieren. Gängige Beispiele finden sich bei Zuschüssen für Fahrten zur Arbeit, für Kindergartenbeiträge, zur Überlassung bzw. späteren Übereignung betrieblicher Fahrräder und Ladevorrichtungen von Elektrofahrzeugen oder bei der 50-Euro-Freigrenze (vor 2022 = 44 €) für Gutscheine und Geldkarten.
Änderung der Rechtsprechung
Der Bundesfinanzhof hatte im Jahr 2019 seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, nach der nur freiwillige Arbeitgeberleistungen, also Leistungen, die der Arbeitgeber arbeitsrechtlich nicht schuldet, zusätzlich mit der Folge einer Steuervergünstigung erbracht werden konnten. Seitdem sieht der Bundesfinanzhof die Zusätzlichkeitsvoraussetzung für Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung (je nach arbeitsvertraglicher Ausgestaltung) nicht mehr als erforderlich an. Voraussetzung sei nur, dass der verwendungsfreie Arbeitslohn zugunsten verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen des Arbeitgebers arbeitsrechtlich wirksam herabgesetzt wird (Lohnformwechsel). Ansonsten liege eine begünstigungsschädliche Anrechnung oder Verrechnung vor.
Nichtanwendungserlass
Die Finanzverwaltung wollte die neue Rechtsprechung nicht ohne Weiteres anerkennen und hat mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 5.2.2020 verfügt, dass im Vorgriff auf die geplante Gesetzesänderung Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung hin Leistungen eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht werden, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die Leistung wird nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet.
- Der Anspruch auf Arbeitslohn wird nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt.
- Die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung wird nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt.
- Bei Wegfall der Leistung wird der Arbeitslohn nicht erhöht.
Diese Voraussetzungen wurden später im Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.2020 mit Wirkung vom 1.1.2020 mit dem Zusatz verankert, dass Gleiches auch bei einer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) gilt.
Finanzverwaltung folgt Bundesfinanzhof für Veranlagungszeiträume bis 2019
Damit war noch ungeklärt, wie mit offenen Altfällen umzugehen ist. Dieser Ungewissheit hat die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 5.1.2022 ein Ende gesetzt und verfügt, dass die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2019 über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist. Die Freude über diese Entscheidung endet aber zwangsläufig mit der ab 2020 geltenden Gesetzesänderung. Zumindest die bis zum Jahr 2019 offengehaltenen Fälle sollten jetzt positiv beschieden werden.
BMF-Schreiben vom 5.1.2022, IV C 5 – S 2334/19/10017 :004 (zur Veröffentlichung im BStBl. I vorgesehen); ändert BMF-Schreiben vom 5.2.2020, BStBl. 2020 I S. 222